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Die Feministin Rosa Mayreder.

Foto. APA

Feminismus will gelernt sein. Ab Februar 2010 kann frau am Rosa Mayreder College den Lehrgang "Feministisches Grundstudium" besuchen und ab September starten die Informationsveranstaltungen. Das Grundstudium möchte Erwachsenenbildung mit politischen, kritischen, emanzipatorischen Anspruch bieten und auch einer sozialen Durchlässigkeit Sorge tragen. Somit kann eine Teilnahme auch ohne Matura erfolgen. Das College will "auch Erwerbserfahrung und Berufsbildung als individuellen Lernhintergrund anerkennen", wie es auf der Webseite des Rosa Mayreder College heißt. Nach Absolvierung des Lehrgangs, der berufsbegleitend in 15 geblockten Terminen stattfindet, ist frau "Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik".

Das Programm des viersemestrigen Lehrganges ist dicht. So werden feministische Geschichtswissenschaft beispielsweise anhand "ideengeschichtlicher und sozialhistorischer Entstehungskontexte der Begriffe 'Feminismus', 'Gleichheit' und 'Differenz', bürgerlicher Geschlechtermetaphysik und Sexualmoral" gelehrt, wie es in der Beschreibung des Basismoduls heißt. In dem Modul über die Geschichte des politischen Feminismus werden auch die bürgerliche Frauenbewegung, die Arbeiterinnenbewegung und feministische Utopien unterrichtet. Andere Module vermitteln unter anderem feministische Ökonomiekritik oder feministische Rechtswissenschaft.

Seit zwölf Jahren

Der Lehrgang ist für frauenpolitisch Engagierte, im "engen wie im weiten Sinn", so Ulli Weish vom Lehrteam des Feministischen Grundstudiums gegenüber dieStandard.at, die auch für das Bildungsmanagement am Rosa Mayreder College zuständig ist. "Derzeit läuft der sechste Lehrgang - somit gibt es das FGS seit zwölf Jahren. Der siebte Lehrgang beginnt am 3. Februar 2010 und endet im Dezember 2011".

In den bisherigen Lehrgängen bestanden die Gruppen zwischen maximal 26 und mindestens 16 Teilnehmerinnen. Aufgenommen werden für die Ausbildung ausschließlich Frauen. Weish: "Aus didaktisch pädagogischen Gründen, weniger aus inhaltlichen, zumal es uns natürlich wichtig ist, dass feministische Politisierung und Sensibilisierung von Männern und Frauen getragen wird. Bisher hatten wir noch keine Anfragen von interessierten Männern und gehen davon aus, dass feministische Erwachsenenbildung ein Wissens- und Arbeitsfeld von Frauen ist. Lernen von und mit Frauen steht im Zentrum der didaktischen Vermittlung in allen Angeboten des Rosa Mayreder College. Dieses Setting hat sich sehr bewährt und wird von den Teilnehmerinnen meist gerade deswegen hoch geschätzt. So können im FGS freie Frauen-Denk-Räume vorgefunden werden".

Bewerbungsablauf

Der Bewerbungsablauf setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Bei den Infoabenden sollen die Inhalte, Lernformen, die Lehrgangsorganisation und die Abschlussvoraussetzungen genau erläutert werden. Für eine Bewerbung muss die Beantwortung eines Fragebogens erfolgen, der die Motivation, den Lehrgang zu besuchen, abfragt. Die Fragen sollen auch anregen, den eigenen Feminismus-Begriff und die eigenen Erwartungen an den Lehrgang zu formulieren. Schließlich, und das ist der letzte Schritt, erfolgt noch ein individuelles Beratungsgespräch, wo mögliche auftretende Probleme vor Ort thematisiert werden können. Nach diesem Dreierschritt erfolgt die verbindliche Anmeldung zum Lehrgang.

Nach Absolvierung des Lehrgangs sollen die Absolventinnen anhand ihrer eigenen gesteckten Ziele beurteilen, ob sie diese erreicht haben bzw. erreichen können. Weish berichtet von beruflichen Aufstiegen oder Bewerbungen um Leitungspositionen nach dem FGS wie auch von Umstiegen von Absolventinnen in andere berufliche Sparten, Neuorientierungen oder Beginn eines Studiums. "Beispiele gibt es davon viele: Die Sozialarbeiterin, die im Rahmen der Abschlussarbeit eine Studie zur Wohnungslosigkeit von Frauen schreib, die Konzeptarbeit im FGS erstellte und im Anschluss das Projekt für wohnungslose Frauen in Wien initiierte. Das Haus steht, eine Idee konnte umgesetzt werden. Oder die Kindergärtnerin, die ein Konzept für eine geschlechtersensible Kindergartenpädagogik entwickelte, dieses Konzept bei ihrer Ernennung als Kindergartenleiterin umsetzte und heute als stellvertretende Chefin der Ma 57 arbeitet", so Weish. „Aber es sind auch immer wieder Frauen dabei, die sich in feministische Debatten vertiefen wollen, ohne Verwertungsdruck und Umsetzungszwang, wo wir nach Jahren den sogenannten Output weniger direkt verfolgen können und wollen. Faktum ist aber, dass die Absolventinnen ein eigenes Forum gegründet haben - das Forum Feministische Zukunft - das selbstorganisiert und vom Rosa Mayreder College völlig unabhängig Tagungen und Weiterbildung organisiert, themenspezifische Netzwerke bildet und Einzelaktionen startet."

Die Kosten für die vier Semester belaufen sich auf einen Gesamtpreis von 3.800 Euro. Am College werden Beratungen für individuelle Förderungs-Möglichkeiten angeboten. (beaha, dieStandard.at, 11.8.2009)