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Im Programm staatlich geförderter Institutionen wird laut französischem Kulturministerium nur ein Prozent von Frauen geschriebene Musik gespielt. Das EU-Projekt WIMUST will das ändern.

Foto: REUTERS/Khaled al-Hariri

Wer in die Konzertsäle dieser Welt hineinlauscht, muss schon genauer hinhören, um Musik aus Frauenhand wahrzunehmen. Werke von Komponisten füllen die Kulturkalender, Schwalbenschwanz und schwarze Fliegen prägen die Orchesterriegen.

Bei den 76 Konzerten der weltbekannten BBC-Promenadenkonzerte 2010 etwa waren nur sieben Komponistinnen vertreten, im Programm staatlich geförderter Institutionen wird laut französischem Kulturministerium gar nur ein Prozent von Frauen geschriebene Musik gespielt. Der Frauenanteil in Orchestern weltweit ist noch immer gering.

Aber auch Lohnschere und gläserne Decke sind musikschaffenden Frauen wohlbekannt: 90 Prozent aller Künstlerinnen verdienen laut Italienischer Gleichbehandlungskommission weniger als 20.000 Euro pro Jahr, 89 Prozent aller öffentlichen Kunst- und Kulturorganisationen werden von Männern geleitet.

Donne in musica

Ein neues EU-Projekt will die Situation nun ändern: Mit WIMUST - Women in Music Uniting Strategies for Talent versucht die Europäische Kommission, das Engagement von Musikorganisationen für Komponistinnen und musikschaffende Frauen in den 22 Projektländern zu fördern, Frauen einen besseren Zugang zu den darstellenden Künsten zu ermöglichen und ihren Anteil am Kulturbetrieb zu erhöhen. Musik- und Kulturorganisationen aus 17 Ländern nehmen derzeit aktiv an dem Programm teil, koordiniert wird es von der italienischen "The International Adkins Chiti: Women in Music Foundation", die sich mit der Hervorhebung der Leistungen von Frauen im Kultursektor einen Namen gemacht hat.

Österreich vermittelt

Österreich ist zum Beispiel mit "Fiftitu%", einer Vernetzungsstelle für Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen in Oberösterreich, vertreten. "Die Strukturen und Mechanismen sichtbar machen, wo es für musikschaffende Frauen hapert, ist uns ein großes Anliegen", sagt Co-Geschäftsführerin Sonja Meller. Auch in Österreich gebe es noch einiges zu verändern. "So haben wir etwa in unserer Arbeit regionale Festivals beobachtet, die teilweise noch sehr männerdominiert sind. In Workshops und Gesprächen mit den Veranstaltern haben wir versucht, mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, Frauen einzubinden, was auch bereits Früchte trägt."

Für das Projekt WIMUST hat fiftitu% ebenfalls schon erfolgreich vermittelt und eine heimische Komponistin mit einer Künstlerin für eine gemeinsame Aufführung in Italien zusammengebracht.

Gleiche Rechte

Anlass für das Projekt ist eine 2009 erlassene Resolution des Europäischen Parlaments, deren Richtlinien die Gleichberechtigung von Frauen in den darstellenden Künsten zum Ziel haben und auf zahlreiche Ungleichheiten im Kulturbetrieb hinweisen. Dezidiert werden die Diskriminierung von Frauen beim Auswahlprozess besonders in Orchestern, die schlechtere Einkommenssituation von Künstlerinnen und der geringe Frauenanteil hervorgehoben. Aber auch nötige Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei den atypischen Arbeitszeiten von KünstlerInnen werden angesprochen, etwa die Einrichtung von Kinderkrippen in Kulturunternehmen mit an die Proben- und Aufführungszeiten angepassten Öffnungszeiten.

Mechanismen aufdecken

Um herauszufinden, was die Mechanismen für die Benachteiligungen musikschaffender Frauen sind, setzen sich die WIMUST-Vertreter jährlich zusammen, um gemeinsam Strategien zur Durchsetzung der Gleichberechtigung zu finden. Eine europäische Datenbank mit Komponistinnen und Musikerinnen sowie ein Europäisches Jahrbuch für Komponistinnen und musikschaffende Frauen sind geplant, ebenso diverse überstaatliche Aktionen und Events, um die Mobilität, das Können und die Bekanntheit von Frauen in der Musikbranche zu stärken. (isa, dieStandard.at, 23.2.2012)