Eine Frau vor dem Laptop am Küchentisch und einem Kind auf ihrem Schoß. 
Die Wohn- und laufenden Fixkosten machen Alleinerzieherinnen oft zu schaffen.
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Nachdem in den intensivsten Zeiten der Corona-Pandemie die Zahl der Alleinerziehenden nicht weiter angestiegen war, ist sie im Vorjahr wieder in die Höhe gegangen. "Das haben wir erwartet", sagt Doris Pettighofer, Geschäftsführerin der Plattform der Alleinerziehenden. Während Homeschooling, Kurzarbeit und vieler Ungewissheiten sei oft kein Platz mehr für eine Neuorganisation der Familien gewesen, in denen es zwischen den Eltern nicht mehr funktionierte. "Auch wenn die Trennung vielleicht schon ausgesprochen war, auch vor den Kindern, wurde die Wohnsituation während der Pandemie oft nicht verändert", sagt Pettighofer dem STANDARD.

Dies wurde 2023 aber wieder vermehrt getan. Nach einem kontinuierlichen Anstieg der Zahl von Ein-Eltern-Familien zwischen 1985 und 2015 von 269.000 auf 296.000 reduzierte sich diese Zahl im Jahr 2020 auf 288.400. Im Vorjahr gab es mit 302.200 wieder eine höhere Zahl von Ein-Eltern-Familien, und in diesen sind vor allem Mütter der eine Elternteil, meldete die Statistik Austria. Unter den 302.200 Ein-Eltern-Familien sind zu 83 Prozent Frauen die Alleinerzieherinnen. Sind Kinder unter 15 Jahren im Haushalt, erhöht sich diese Zahl sogar auf 91 Prozent.

Stark armutsgefährdet

Laut Zahlen des arbeitnehmernahen Momentum-Instituts stellen für 43 Prozent der Alleinerziehenden die Wohnkosten eine besonders hohe Belastung dar. 36 Prozent sollen bei den Kosten für das Wohnen sogar Zahlungsschwierigkeiten erwarten. Ein Drittel hat Schwierigkeiten, mit dem Haushaltseinkommen auszukommen, heißt es in der Aussendung des Momentum-Instituts. Auch die Armutskonferenz macht regelmäßig auf die Situation von Alleinerzieher:innen aufmerksam: Jede oder jeder zweite Alleinerziehende oder Alleinerziehender sei armutsgefährdet.

NGOs fordern daher für eine wirkungsvolle Bekämpfung von Armut vor allem leistbaren Wohnraum und eine Kindergrundsicherung. Doch sowohl bei der Kindergrundsicherung als auch bei der Forderung nach günstigem Wohnraum werde oft etwas übersehen, sagt Doris Pettighofer. In Paarfamilien werden Mieten und Energiekosten meist aus zwei Einkommen bestritten, bei getrennt lebenden Eltern muss das jeweils ein Elternteil allein tun. Bei der Kindergrundsicherung, wie sie in Deutschland diskutiert wird, wurden die höheren Kosten bei Ein-Eltern-Familien nicht ausreichend berücksichtigt, sagt Pettighofer. Jedes Kind bekommt gleich viel, egal ob es in einem Haushalt mit zwei Elternteilen aufwächst oder mit einem. "Wenn man eine Grundsicherung für das Kind ernst nimmt, muss man die individuellen Kosten für das Kind berücksichtigen", meint Pettighofer.

Falsche Aufteilung

Die Wohnkosten erfordern von vielen Alleinerziehenden, dass sie sich mit 50 oder 60 Quadratmetern begnügen müssen. "Kürzlich hat mich eine Alleinerzieherin kontaktiert, die ein Einkommen von 1.470 Euro netto hatte – allein 800 Euro zahlte sie für die Miete mit Strom und Gas", erzählt Pettighofer. Da bleibt nicht viel für die anderen Fixkosten und fürs Leben für die Frau und ihre Kinder.

Seit 2022 gibt es den "Wohnschirm", ein Programm des Sozialministeriums, das bei Miet-, Energieschulden und Umzügen unterstützt. Ein Projekt, das Pettighofer für sehr wichtig erachtet, das aber dringend weiter ausgebaut werden müsste. Die Wartezeiten sind derzeit lang.

Neben der Berücksichtigung höherer Fixkosten für Alleinerziehende fehlt laut Pettighofer bei der Forderung nach günstigem Wohnraum auch die Forderung nach Grundrissen von Wohnungen, die für Ein-Eltern-Familien geeignet sind. Kleinere Wohnungen verfügen oft nur über ein Schlafzimmer und einen größeren Wohn- und Küchenbereich. Für eine Alleinerziehende mit beispielsweise zwei pubertierenden Kindern geht das nicht. Es brauche Räume für Kinder, um in Ruhe lernen oder auch Freund:innen einladen zu können. "Die Grundrisse müssen auch für alleinerziehende Familien funktionieren", so Pettighofer.

Sonst fehle laut Plattform für Alleinerziehende den Kindern der Platz, um ihre Zukunftschancen entfalten zu können. (beaha, 2.4.2024)