Es ist wohl einer der umstrittensten Deals der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Um die Profite der Russland-Tochter der Wiener Raiffeisen Bank International (RBI) aus Russland herausholen zu können, wo sie sanktionsbedingt festsitzen, war ein komplizierter Tausch geplant: Ein Anteil am Baukonzern Strabag, der zuvor dem russischen Oligarchen und Putin-Vertrauten Oleg Deripaska zuzurechnen war, hätte an die RBI in Wien transferiert werden sollen.

RBI Gebäude von außen
Ein vielversprechender Deal der RBI ist geplatzt – wohl vor allem aufgrund des Drucks aus den USA.
REUTERS/Leonhard Foeger

Nun aber ist der Deal geplatzt. "Im jüngsten Austausch mit den relevanten Behörden konnte die Raiffeisen Bank International AG (RBI) nicht den erforderlichen Komfort erhalten, um die geplante Transaktion durchzuführen", heißt es in einer aktuellen Aussendung. "Die Bank hat beschlossen, aus Gründen der Vorsicht von der Transaktion Abstand zu nehmen."

Der Hintergrund: Bekanntlich ist die RBI als eine der letzten großen westlichen Banken – und als größte, die noch vor Ort ist – in Russland verblieben. Doch die üppigen Gewinne der russischen Tochter, in Summe mehr als drei Milliarden Euro, lassen sich nicht außer Landes bringen. Seit Jahren wälzt die Bank deshalb Pläne einer Art Assets-Tausches. Ende 2023 schien das Institut unter Chef Johann Strobl in Form des Deripaska-Deals eine Lösung gefunden zu haben: Damals gab die Bank ihre Absicht bekannt, über ihre russische Tochter 28,5 Millionen Aktien an der Strabag im Wert von mehr als einer Milliarde Euro erwerben zu wollen.

Mehrere geplante Schritte

Grundkonzept: Zwar verbleibt das Geld in Russland; die RBI soll aber, gewissermaßen im Gegenzug, besagte Beteiligung an der Strabag erhalten. Im ersten Schritt verkaufte der seit zwei Jahren sanktionierte Oligarch Deripaska seine 24,1 Prozent an der Strabag, die er über eine Firma namens Rasperia Trading Limited mit Sitz im russischen Kaliningrad hält, an eine weitere russische Firma namens Iliadis. Dieser Schritt erfolgte Ende März.

Im zweiten Schritt sollte die Iliadis die Strabag-Beteiligung für 1,51 Milliarden Euro an die RBI in Russland verkaufen. Zuletzt würden die Anteile als Sachdividende von Moskau an die Konzernmutter in Österreich übertragen. Eben diese Transaktionen wurde nun abgeblasen – was sich zuletzt aufgrund massiven Widerstands vor allem aus den USA bereits abgezeichnet hatte.

"Nichtdurchführung der Transaktion"

Weiters betont die RBI in ihrer knappen Verlautbarung, dass die Bank "seit Beginn des Krieges Aktivitäten in Russland deutlich reduziert und umfassende Maßnahmen ergriffen hat, um die Risiken durch die erhöhten Sanktions- und Complianceanforderungen zu minimieren". Ein Verkauf der russischen Tochter ist ja seit langem in Aussicht gestellt, aber bisher nicht erfolgt. "Unabhängig von der Entscheidung zur Nichtdurchführung der Strabag-SE-Transaktion strebt die RBI weiterhin die Entkonsolidierung ihrer russischen Tochtergesellschaft an", heißt es.

Zuletzt hatten vor allem die USA massiv Druck auf die RBI ausgeübt und die Sanktionskonformität des geplanten Geschäfts infrage gestellt. Ende März hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass hochrangige Vertreter des US-Finanzministeriums die österreichische Bank dazu drängen würden, von ihren Plänen abzurücken. "Dieser Deal kann nach hinten losgehen", wird ein Insider zitiert. Sollte die RBI das Geschäft durchziehen und sich dann herausstellen, dass gegen US-Sanktionen verstoßen wird, könnten die Amerikaner Strafen gegen die Bank verhängen. Die USA hätten die Bank aufgefordert, Einzelheiten über die Personen und Unternehmen zu nennen, die an dem Deal beteiligt seien, heißt es. Über die russischen Käufer der Strabag-Anteile, die danach an die RBI hätten weitergehen sollen, ist in der Öffentlichkeit tatsächlich fast nichts bekannt. Anfang März warnte das US-Finanzministerium die RBI gar davor, dass sie Gefahr laufe, "vom US-Finanzsystem abgeschnitten zu werden", falls sie mit ihren Geschäften zur Finanzierung des russischen Militärs beitrage.(Joseph Gepp, 8.5.2024)