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Vor allem Frauen nutzen die vielfältigen Angebote der Kosmetikindustrie. Dass ein Gutteil der Substanzen alt und kaum getestet  - besonders, was ihre Hormonaktivität anbelangt - wären, sehen ExpertInnen problematisch.

Foto: REUTERS/Yuriko Nakao

London/Wien - Einer Untersuchung des Deodorantherstellers Bionsen zufolge schmieren sich kosmetikbewusste Frauen tagtäglich bis zu 515 chemische Substanzen ins Gesicht. Kosmetika wie Lippenstiften, Lotions, Cremes und Lidschatten bestehen aus einer Vielzahl von chemischen Substanzen. Mädchen verwenden bereits bis zu 13 verschiedene Produkte, von denen jedes mindestens 20 verschiedene Bestandteile enthält.

Parfums sind mit bis zu 400 Stoffen mit Abstand Spitzenreiter. Selbst einige Markenparfums wie etwa Chanel 5 enthalten 250 Komponenten. Andere wie etwa Maybelline Dream Matte Mousse kommt mit 24 Substanzen aus. Beliebte Nagellacke kommen auf 31 Komponenten, der Verkaufshit Nivea Body Lotion auf insgesamt 32.

Geprüft und als sicher befunden

"Die Sicherheitsbewertung, die für jedes im europäischen Markt in Verkehr gebrachte kosmetische Mittel erstellt werden muss, sorgt dafür, dass die Bestandteile in dem konkreten Kosmetikum für die vorgesehene Anwendung sicher sind", so Birgit Pelzmann von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). "Viele Substanzen sind in der Kosmetikverordnung geregelt und wurden in Bezug auf ihre Sicherheit von einem wissenschaftlichen Expertengremium der EU-Kommission, dem SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety) geprüft und als sicher bewertet.

"Bei Änderungen von gesetzlichen Regelungen oder wenn Substanzen aufgrund von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen neu bewertet werden, muss die Sicherheitsbewertung des betroffenen kosmetischen Mittels aktualisiert werden", so die Expertin. "Gesundheitsschädliche Kosmetika werden u.a. im EU-Schnellwarnsystem RAPEX veröffentlicht." Dieses erlaube einen schnellen Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten und Kommission über die Maßnahmen, die zur Vermeidung oder Einschränkung der Vermarktung oder Verwendung von Produkten, die eine ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen, getroffen wurden.

"Wird von einem anderen Mitgliedsland eine Meldung gemacht, wird sofort überprüft, ob dieses kosmetische Mittel auch in Österreich am Markt ist und erforderliche Maßnahmen werden eingeleitet, um den Verbraucher zu schützen", so Pelzmann.

Widerspruch: "Kaum getestet"

"Die Kosmetik der vergangenen Jahre hat sich dramatisch verändert und setzt nun auf eine Reihe von zusätzlichen speziellen Anwendungen", meint Charlotte Smith von Bionsen. "Die neuen Wundermittelchen enthalten natürlich auch mehr Chemikalien." Einige der Additive stehen bei ExpertInnen in Verdacht, dass sie krebserregend, hormonell-wirksam, allergieauslösend oder hautreizend sind.

"Ein Gutteil der Substanzen ist alt und kaum getestet", kritisiert der Umweltmediziner Klaus Rhomberg. "Wenn sie untersucht wurden, war das extrem flüchtig. Viele chemische Stoffe wurden zum Beispiel nicht auf ihre Hormonaktivität hin getestet." Unter dem Strich sei das ganze ein Skandal, meint der Umweltmediziner. "Im Film Plastic-Planet von Werner Boote erzählt Vizepräsidentin der EU-Kommission Margot Wallström über die EU-Chemikalienverordnung REACH, dass während ihrer Amtszeit von Tausenden Stoffen nur elf untersucht wurden."

Das lege nahe, dass es keine Bemühungen gebe, diese Substanzen tatsächlich zu erforschen. "Es ist auch kein Wunder, denn selbst REACH wurde so lange verhandelt, bis die chemische Industrie zugestimmt hat", meint Rhomberg. (pte)