Wien - Häusliche Gewalt gegen Frauen während Fußball-Großereignissen gehörte bisher zu den unterschätzten Problemen. Angesichts von Studien, wonach während der WM in Deutschland an Matchtagen bis zu 30 Prozent mehr Gewaltfälle auftraten, plant Frauenministerin Doris Bures (S) nun Gegenmaßnahmen während der Europameisterschaft im kommenden Jahr. Ihr Hauptanliegen ist, die Hilfsangebote für betroffene Frauen bekannter zu machen.

Kein Anstieg der Zwangsprostitution

Vor der WM in Deutschland im Jahr 2006 waren Befürchtungen im Vordergrund gestanden, dass sich die Zwangsprostitution massiv ausbreiten würde. Dies traf nicht ein. Als Grund wurde angegeben, dass kurzfristige Ereignisse für Frauenhändler den Aufwand nicht rechtfertigten. Zusätzlich würden die verstärkten Polizeikontrollen ein zusätzliches Risiko bergen. Schließlich habe sich gezeigt, dass die Fangemeinde zunehmend so strukturiert sei, dass immer mehr Frauen die Spiele besuchen. Dies wiederum hindere potenzielle Freier, die in Begleitung ihrer Partnerinnen anreisen, Sexarbeit zu konsumieren.

Faktor Alkohol

Dafür wurde in Deutschland das Problem der häuslichen Gewalt im Zusammenhang mit Fußball und Alkoholkonsum offenbar deutlich unterschätzt. Eine Studie aus Großbritannien kommt zum Ergebnis, dass nahezu bei 40 Prozent der Verdachtsfälle von häuslicher Gewalt Alkoholeinfluss festzustellen war. Gleichzeitig wird angeregt, dass die Polizei bei der Planung ihrer Vorgehensweise im Vorfeld eines großen Sportereignisses diesen Zusammenhang stärker berücksichtigen sollte.

Frauenministerin Bures plant für die EM 2008 nun eine Kampagne gegen Gewalt in der Familie. Im Mittelpunkt der Kampagne wird die Bewerbung der Frauenhelpline gegen Männergewalt (0800/222 555) stehen. Betroffene und Angehörige sollen wissen, an wen sie sich wenden können. Bei der Helpline wird rund um die Uhr Beratung und Hilfe angeboten wird. Spots, Inserate, Folder und weiteres Info-Material sollen ihr zu einer größeren Bekanntheit verhelfen. Auch Infotische an Austragungsorten unter Beteiligung regionaler Einrichtungen sind geplant.

Dass durchaus Bedarf für solche Maßnahmen vorhanden ist, zeige auch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifes. Bei dieser Untersuchung geben immerhin 86 Prozent der befragten Frauen an, dass ihnen das Thema "Gewalt in der Familie" Sorgen bereite. Von 19 nach Wichtigkeit abgefragten Bereichen kommen "Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Gewalt in der Familie" an zweiter Stelle - gleich nach "Arbeitslosigkeit bekämpfen".

Fußball keine "reine Männersache"

Die Aktivitäten des Frauenministeriums am Rande der EURO werden sich aber auch auf den Sport selbst beziehen. Bures möchte die EM nutzen, um der Öffentlichkeit verstärkt bewusst zu machen, dass Fußball längst nicht mehr reine Männersache ist. So arbeitet nicht nur in der deutschen Bundesliga seit der heurigen Saison eine Frau als Schiedsrichterin, auch in der Wiener Stadtliga leiten Frauen Männermatches. Das soll durch verschiedene Aktivitäten stärker bekanntgemacht werden.

Mehr Chancen für Frauenvereine

Außerdem plant Bures einen Mädchenfußball-Wettbewerb im Vorfeld der EURO. Frauenfußball erlebe in verschiedenen Ländern derzeit einen regelrechten Boom. Bures wünscht sich, dass auch in Österreich mehr Mädchen und Frauen diese Sportart für sich entdecken und die bestehenden Frauenmannschaften mehr Augenmerk und Chancen bekommen. (APA)