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Für die European Space Agency ESA arbeitet Annett Bartsch auch über Böden in Afrika.

Ende Juni fuhr Annett Bartsch zu einem internationalen Kongress der Permafrostforscher (Nicop) in Fairbanks, Alaska. Weil ihr Schnee deutlich mehr Freude als Sandstrand bereitet. Ihr Spezialgebiet ist nämlich der Permafrost der höheren Breitengrade mit Schwerpunkt Sibirien. Am Institut für Photogrammetrie (Luftbildauswertung) und Fernerkundung der Technischen Uni ist die Hertha-Firnberg-Stipendiatin das fachliche Bindeglied zwischen den TüftlerInnen in Wien, die aus Satellitendaten auf den Wasserhaushalt des Bodens schließen, und den Daten von ForscherInnen, die dort messen, wo es nur wenige Monate im Jahr antaut.

"Auch mit den modernsten Sensoren kann man nicht in den Permafrost hineinschauen. Mikrowellen können aber Wasser an der Oberfläche in Form von Sümpfen, Seen, Schnee oder Eis erfassen', so die 32-Jährige. Neben Temperaturen unter null Grad spielt kleinräumig auch der Wasserhaushalt eine große Rolle für den tiefgefrorenen Boden. Die Tundra ist in den Fokus gerückt, weil sich dort viel organisches Material angesammelt hat, das beim Auftauen große Mengen Treibhausgase freisetzen könnte.

Seit 2001 werden an der TU Wien globale Datenreihen zur Bodenfeuchte ausgewertet, die bis 1992 zurückreichen. In ihrem Hertha-Firnberg-Projekt will sie zusätzlich Zeitreihen zur Schneebedeckung aufbauen. Schnee wirkt isolierend auf den Permafrost, kann aber binnen Tagen schmelzen. Deswegen braucht sie alle 24 Stunden Satellitenbilder aus Sibirien. Aus dem Vergleich mit Messwerten vor Ort bestimmt die gebürtige Sächsin "Indikatoren für die Ausbreitung und den Zustand des Permafrosts in Sibirien, um in Klimamodellen besser simulieren zu können, wie sich der Landschaftstyp verhalten wird".

Mit der Bedeutung von Bodenfeuchte und ihrem Einfluss auf die sommerliche Auftautiefe oder Brandereignisse habe sich noch niemand in Kombination mit Satellitendaten beschäftigt, so Bartsch. Für nordische Landschaften, Geodaten und die Forschung hat sie sich schon früh während des Geografiestudiums an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena interessiert. Das Doktorat absolvierte sie in Schweden und Norwegen mit einem Stipendium an der University of Reading in England. Publizieren ist für sie zwi- schen Fernerkundern und Feldforschern schwierig, weil es kaum Reviewer gibt. Da dauert es schon einmal fünf Jahre, bis ein eingereichtes Paper auch erscheint.

Für die European Space Agency koordiniert sie ein Projekt über Bodenfeuchtedaten in Afrika und wird deshalb 2008 auch nach Botswana reisen. Annett Bartsch arbeitet gerne international, besonders in der achtköpfigen Arbeitsgruppe, die 2003 genau jemanden mit ihrem Fachwissen suchte. Wegen ihres Lebensgefährten ist sie dann länger als die zwei geplanten Jahre in Wien geblieben. Mit Laufen und Yoga hält sie sich fit für mehrtägige Touren in nördliche Breiten und in die Berge. Eine Schwäche hat sie auch für Japan: die Menschen, die Kultur und natürlich die japanischen Alpen mit ihrem Hüttennetzwerk. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 16.07.2008)