Foto: AP/ROBERTO PFEIL

Pro+++

Schon mehrere Male wurde ich auf Partys von politisch interessierten Männern gefragt, ob sie - die Männer - denn eigentlich auch Feministen sein könnten. Ich antwortete - sobald sich der Nebel der Pseudo-Provokation gelichtet hatte - meist mit einer Gegenfrage: "Kannst du dir das als Mann nicht selbst beantworten?"

Okay, auf den ersten Blick kann er das natürlich nicht. Immerhin gibt es eine Frauenbewegung, die sich aus der Politisierung der geteilten Unrechtserfahrungen von Frauen herauskristallisiert hat - wo sollen sich Männer da im angeborenen Besitz ihrer "hegemonialen Männlichkeit" schon positionieren?

Andererseits hat sich in den letzten 30 Jahren auch einiges getan, was die Beschaffenheit der Geschlechter betrifft. Einmal abgesehen von der Sex-Gender-Debatte, die die strenge Unterteilung von Männern und Frauen in sozialer, biologischer und sexueller Hinsicht verwischt hat, sind es zunehmend auch dezitierte "Männlichkeitsentwürfe", die ehemals weibliche Eigenschaften und Rollenmuster, wie zum Bespiel die Bereitschaft zur Übernahme von Betreuungspflichten, integrieren.

Genauso wenig wie Frauen einem Anforderungskatalog entsprechen müssen, um sich selbst Feministinnen nennen zu können, sollte es einen für Männer geben. Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung sind Erfahrungen, die auch Männer machen können und vieles deutet darauf hin, dass diese sich zunehmend an der Achse arm-reich auftun. Warum sollte sich der Feminismus, der Gleichberechtigung für die Geschlechter aber auch eine bessere Welt für alle fordert, einer potentiellen Mitglieder-Vermehrung verwehren? (freu)

---Contra

Das kann wohl nur rhetorisch gemeint sein! Denn die Frage, ob Männer Feministen sein können, ist eigentlich nur im Konjunktiv möglich. Sie könnten, wenn sie wirklich wollten, sie würden, wenn sie nicht so selbstverliebt und voller Phobien wären, sie täten es, wenn Abstraktion und Reflexion ihrer selbst ernannten Herren- und Herrschernatur nicht derart schmerzte ... aber.

Kennen Sie einen Mann, der freien Willens seiner "Verweichlichung" zustimmt? In diesem Sinne wurde nämlich bis in die 1970er-Jahre der Begriff "Feminismus" in deutschen Wörterbüchern übersetzt: als "Verweichlichung oder Verweiblichung des Mannes"! Ein Zustand,  den die Männer - als Gegenteil ihres Mannseins - gemeinhin auf das Härteste zu vermeiden trachten. Und so ein möglicher Feminist wäre dann ja sofort auf die andere Seite katapultiert. Ins feindliche Lager geschleudert. Entmannt. Eine Be-Drohung seines Geschlechts ersten Ranges also.

Und darum, wenn auch nicht nur deshalb, erscheint mir nichts suspekter als die Spezies der selbst ernannten Feministen. Jene Sorte Männer, die mit treuem, ja nahezu flehentlichem Blick bekennt, wie gut sie es mit uns Frauen meinen. Und sogleich Lösungen parat haben, die ihnen selbst am meisten nützen.

Zugegeben, es gibt sie. Männer, die bemüht sind, die sozialen und politischen Bedingungen, unter denen Frauen leben müssen, zu verstehen. Die versuchen, sich einzufühlen in die weibliche Situation, in den Wahnsinn sexistisch patriarchaler Strukturen. Männer, die Hilfe und Unterstützung anbieten. Ohne Gegenleistung. Die gibt es und ich schätze sie sehr. Feministen sind sie dadurch noch lange nicht. Denn auch wenn diese Männer theoretisches Wissen über Feminismus, Frauenbewegung & Co angehäuft haben, eines werden sie nie erfahren (müssen): wie es ist, Frausein an Leib und Seele zu merken, zu denken und zu fühlen. (dabu)