Clownfrau Verena Vondrak: "Das Bekennen zum eigenen Humor, zur eigenen Komik in der Öffentlichkeit, das gibt es bei den Frauen noch nicht so lange."

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Verena Vondrak hat viele Talente, die sie geschickt miteinander zu verknüpfen versteht: Sie ist Schauspielerin, Puppenspielerin, Puppentherapeutin, Kinderbuchautorin, macht Kindertheater, ist Theatermitbegründerin, Kostümemacherin, Theaterpädagogin, und ausgebildete Volksschullehrerin. "Aber die Clownfigur zu entdecken, das fand ich immer am spannendsten."

In der Clownschule Jacques Lecoq in Paris machte Vondrak 1982 ihre ersten Schritte in die Welt der Clowns: "In Österreich hat das Clowntheater wenig Tradition. Es gab zwar in den 80er-Jahren in Wien schon eine Clownszene, aber keine speziellen Bühnen, die das unterstützt hätten - das waren Solokämpfer, die vor allem Programme für Kinderfeste gestaltet haben."

Versager und Superheld

Jede Art von Clown habe ihre ganz bestimmten Eigenschaften, die es zu verkörpern und zu entdecken gilt. Die "klassischen" Clowns, die man vor allem aus dem Zirkus kennt, hätten eine besonders lange Tradition und starke Hierarchien: "Da gibt es den Zirkusdirektor, der alles in der Hand hat, den Weißclown, der das Perfekte ausstrahlt, und den scheiternden August mit der roten Nase, über dessen Fehler das Publikum lacht, der aber ebenso das Vollkommene, das Gute und Perfekte anstrebt. Das ist das Naive an den Clowns: etwas erreichen zu wollen, aber es nicht zu schaffen, und das zeigt man in überzeichneter Form dem Publikum. Oft drehen sich die Hierarchien im Laufe der Darbietung auch um: Der, der am Anfang der Versager war, kann dann zum Superhelden werden."

Besonders spannend findet die Clownfrau, "dass viele Dinge, die gezeigt werden, in vereinfachter Form unser reales Leben wiederspiegeln": "Jeder von uns will gut sein und schön und toll und ja keine Schwächen zulassen. Mich reizt am Clownsein, dass man da jemanden sieht, der ganz offen zeigt, dass nicht immer alles glatt laufen kann und sich zu seinen Schwächen bekennt. Ich vergleiche Clownfiguren auch gerne mit Kindern, die rasch von einer Emotion in die andere wechseln."

Einblick in die Clownfrauenszene

Beim Wort "Clown" denken die meisten Menschen automatisch an einen "lustigen Mann mit roter Nase" - aber Frauen als Clowns? "Das Bekennen zum eigenen Humor, zur eigenen Komik in der Öffentlichkeit, das gibt es bei den Frauen noch nicht so lange. Erst in den letzten zehn Jahren interessieren auch Frauen sich stärker für das Clown-sein." Einen bunt gestreuten Einblick in die - mittlerweile auch hierzulande sehr lebendige - Clownfrauen-Szene bietet das zweite Internationale Clownfrauenfestival von 28. November bis 6. Dezember im Wiener KosmosTheater. Die besten Clownfrauen von Argentinien bis USA zeigen dort ihr Können, darunter so bekannte "Pionierinnen" und Vorreiterinnen wie Gardi Hutter (CH) oder Nola Rae (GB).

Auch Verena Vondrak wird am 2. Dezember im KosmosTheater zu sehen sein: In ihrer neuesten Eigenkreation, bei dem ihr Mann - Clown, Regisseur, Spieler und Schreiber Hubertus Zorell - Regie führt, steht sie als schwangere "Donna Quichotte" auf der Bühne, die auf der Suche nach der großen Liebe, einer festen Beziehung und einem Vater für Tochter Sancha Panso in Dialog mit dem Publikum tritt: "Die Geschichte hat nichts mit dem klassischen Don Quijote zu tun, aber unsere Figur ist ebenso naiv und hat ähnliche Vorstellungen vom Leben wie er. Ich habe mir überlegt, wie man 2008 eine Clownfrau präsentieren kann, die wie Don Quijote von etwas träumt, was heutzutage in der Form nicht mehr zu realisieren ist: eine perfekte Liebe, ein harmonisches und romantisches Dasein in idyllischer Zweisamkeit." Ihr Stück lasse sich durchaus als "Frauenstück" bezeichnen, denn: "Es ist auch die Geschichte einer allein erziehenden, schwangeren Frau und wie sie mit ihrer Situation zurechtkommt."

Frecher und selbstbewusster

Ihre Figuren hätten sich sicher sehr verändert, seit sie mit dem Clown-sein begonnen habe, sagt Vondrak, denn: "Sie sind sehr stark mit meiner eigenen Persönlichkeit verbunden, die sich ja auch stetig verändert. Sie sind älter geworden, aber auch frecher, selbstbewusster."

Wie wichtig ist für Clowns der Kontakt zu den Zuschauern? - „Man kommuniziert als Clown und Clownfrau sehr stark mit dem Publikum. Umso authentischer man ist und umso mehr man sich zeigt, umso spannender ist es. Man ist dem Publikum dabei aber viel mehr ausgeliefert als ein 'klassischer' Schauspieler, viel stärker auf dessen Reaktionen angewiesen: Wenn die Kommunikation funktioniert, ist es toll, aber das kann auch schief gehen, wenn die Leute nicht mitmachen oder die Komik nicht übernehmen."

"Seien Sie doch lustig!"

Wie sieht sie das Bild von Clowns in der Öffentlichkeit? - „Ich habe schon alles mögliche gehört, es sind viele Klischees damit verbunden. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Interview, da hat der Journalist dauernd gesagt: „Seien Sie lustig, jetzt seien Sie doch lustig, Sie sind doch ein Clown!" Man wird gerne mit einem Pausenclown verwechselt, die Leute fragen sich „Warum hat die keine Nase auf, wenn sie Clown ist?"; sie stellen sich vor, wir gehen durch den Alltag und haben immer eine Hetz'. Dabei gibt es so viele Arten von Clowns wie es verschiedene Menschen gibt - auch Clowns müssen nicht immer lachen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch genug Leute, die Angst haben vor Clowns oder denen es vor uns gruselt."

Lebensaufgabe CliniClowns

1992 stieß Verena Vondrak zu den CliniClowns, nur ein Jahr nachdem sie in Europa und Wien Einzug gehalten hatten. Seit zwei Jahren ist sie künstlerische Leiterin und begleitet dabei auch andere Clowns bei ihrer Arbeit im Spital und in Altersheimen. Gemeinsam mit ihrem Mann spielt sie einmal pro Woche „Dr. Tupfen-Topfen" auf der Krebsstation des St.-Anna-Kinderspitals: „Das ist sicher etwas, was mein Leben geprägt hat - da gab es einschneidende Erlebnisse. Bei besonders kranken Kindern denkt man sich oft: 'Wie wird es mir damit gehen? Schaffe ich das?" Wenn man dann aber spielt, ist nur mehr das Kind wichtig und man sieht über die Krankheit hinweg."

Menschen ein wenig zum Lachen zu bringen, das sei ihr größter Anspruch an sich selbst, sagt die Clownfrau: „Das ist in unserer heutigen Zeit, wo alles immer rascher geht, eine sehr große Herausforderung: Lachen ist Entspannung und entspannte Momente haben da oft nur mehr wenig Platz." das merke sie selbst oft genug im Alltag, den sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern (9 und 12 Jahre) teilt. Die sind von Mamas Beruf begeistert: „Meinen Kindern gefällt, was ich mache, sie bekommen das Theaterleben voll mit."

In Zukunft vermutlich noch intensiver, denn vor wenigen Wochen haben sich Verena Vondrak, ihr Mann und fünf KollegInnen einen Traum erfüllt: Sie gründeten das „Theater Olé", Wiens erstes Clowntheater. „Donna Quichotte" hat ein Zuhause gefunden. (Isabella Lechner/dieStandard.at, 27.11.2008)