Zusammenstellung von 100 Ausgaben der Zeitschrift "Schlangenbrut" zum 25. Jubiläum.

Foto: schlangenbrut

1983 wurde die Zeitschrift von einem Kreis engagierter feministischer Theologinnen als autonomes Projekt in Bonn gegründet und erscheint seither vierteljährlich. Die Texte, von und für Frauen ehrenamtlich geschrieben, erörtern sowohl unterschiedlichste religiöse Traditionen als auch gesellschaftspolitische Themen, die Frauen bewegen. Im Vorjahr wurde das 25-jährige Bestehen der "Schlangenbrut" mit der 100. Ausgabe gefeiert.

Feminismus und Theologie? Wie können diese zwei von vielen Frauen als gegensätzlich und einander ausschließend verstandenen Begriffe verbunden werden? Können sie das überhaupt? Wenn davon ausgegangen wird, dass "alle Theologie Phallologie ist" – um einen alten feministischen Schlachtruf zu bedienen – und jede monotheistische Religion als Abbild bzw. Urbild grundsätzlicher patriarchaler Strukturen gilt, die Frauen nicht "nur" in untergeordnete Positionen zwingt, sondern ihnen darüber hinaus feindlich bis tödlich gesonnen ist, erscheint eine Zusammenführung von Feminismus und Theologie unmöglich.

Was bewusst konfessionslosen Feministinnen einer Verdrehung des Sinns feministischer Theorie und Praxis gleich kommt, erweist sich für religiöse bzw. spirituelle Frauen, die sich ebenso als Feministinnen begreifen, durchaus vereinbar. Für die feministische Theologin Elga Sorge kommt es auf die Definition "dieser Theologie" an. Diese sei als "offener Prozess" zu verstehen, "in dem Frauen sich selbst und ihre eigenen religiösen Erfahrungen und Überzeugungen auf neue Weise wahrnehmen, einander mitteilen, gemeinsam durchdenken und deuten. Feministische Theologie ist also Erfahrungstheologie", schreibt sie in "Religion und Frau. Weibliche Spiritualität im Christentum" (Kohlhammer Verlag 1985). Dabei kämen Inhalte zum Zug, die jahrtausendelang verschüttet waren oder nur ein Schattendasein führen konnten – wie zum Beispiel die Weisheitstraditionen, matriarchale Spiritualität und Symbole. Viele feministisch-spirituelle Frauen sind folglich dazu übergegangen, die Terminologie zu verändern und sprechen von Theasophie bzw. Thealogie in Abgrenzung zur patriarchalen Theologie.

Feministisch-spiritueller Austausch

Dagegen möchte sich die Zeitschrift "Schlangenbrut" in den Begrifflichkeiten nicht festlegen. Sie fühle sich keiner Richtung der feministischen Theologie verpflichtet, sondern versuche seit der Gründung vor 25 Jahren auch Frauen, die aus den Kirchen ausgetreten sind oder keiner der großen Religionsgemeinschaften angehören, "ein Forum für feministisch-spirituellen Austausch zu bieten". Gerade die "scheinbaren Gegensätze Christentum und Weiblichkeit, Katholisch und Evangelisch, Wissenschaftlichkeit und Kreativität" würden, wie Redakteurin Vanessa Görtz betont, "auf sehr fruchtbare Weise zusammenfinden".

Alleine mit dem mehrdeutigen Titel "Schlangenbrut" soll die Vielseitigkeit von Frauengeschichte(n) und Frauenleben gespiegelt werden. Weg vom Symbol patriarchaler Fantasie weiblicher Sündhaftigkeit und hin – bzw. zurück – zum alten Synonym der Schlange für Weisheit, Erneuerung und Leben.

Breite, Offenheit und Vielfalt

So kämpferisch die "Schlangenbrut" anfänglich noch als Streitschrift "Nachrichten aus Paradies und Fegefeuer" getitelt hat, werde der Fokus heute mehr auf die Breite der verschiedenen feministischen Bewegungen über nationale Grenzen hinweg gelegt. Dabei bieten die Schwerpunkte jedes Heftes Einblicke in aktuelle Debatten. "Die Schlangenbrut bemüht sich ständig aufs Neue, sowohl alltägliche Erfahrungen als auch die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen ausgewogen aufzunehmen und darzustellen – und damit immer mehr darauf hinzuarbeiten, dass Theorie und Praxis keine Gegensätze mehr sind", erklärt "Schlangenbrut"-Redakteurin Aurica Nutt. Dabei sei wesentlich, die oft ambivalenten Beziehungen feministisch interessierter Frauen zu den Religionen ernst zu nehmen. Also einerseits "Kritik an allen Formen von Unrecht" zu üben, andererseits zu versuchen, das "Bewahrenswerte an allen Religionen", in denen Frauen versuchen zu leben, zu würdigen. Ein Spagat, der nicht immer leicht sei.

Neben feministisch-politischen Themen wie "Gewalt gegen Frauen" oder "Krieg" stehen deshalb theologische und spirituelle Schwerpunkte wie "Konvertieren" oder "Rituale", wobei sich einige Ausgaben stärker mit theoretischen Fragestellungen wie "Gender studies" beschäftigen, andere mehr mit alltäglichen Erfahrungen wie "Feiern", das Schwerpunkt der Jubiläumsausgabe war. (dabu/dieStandard.at, 23.02.2009)