Sigrid Berkebile-Stoiser fand den Umgang an britischen oder US- Unis lockerer.

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In der flackernden Korona der Sonne herrschen mehr als eine Million Grad Kelvin (Einheit für thermodynamische Temperatur). Sie ist somit noch heißer als die sichtbare Oberfläche. Auf der Suche nach Phänomenen, die solche Temperaturen entfachen können, haben ForscherInnen zunächst die Sonneneruptionen (Flares) ins Visier genommen. Ein Modell konnte jedoch damit nicht bewiesen werden. Sigrid Berkebile-Stoiser von der Universität Graz untersucht, unterstützt von einem L'Oréal-Stipendium "For women in science", auf den ersten Blick gänzlich andere Systeme: "In Microflares wird sehr heißes Plasma produziert, und viele gemeinsam könnten die Korona entsprechend aufheizen", so die Plasmaphysikerin.

Der Röntgensatellit RHESSI, mit dem sie am Institut für Physik arbeitet, detektiert die sogenannte Bremsstrahlung. Diese wird von freien Elektronen im Plasma ausgesendet, wenn sie durch die elektrische Anziehung von anderen geladenen Teilchen (wie Protonen) langsamer werden. Aus den Daten des Nasa-Satelliten bestimmt die 28-Jährige die spektralen Eigenschaften von Microflares und schätzt die freigesetzten Energiemengen. Sie vergleicht die Microflares mit ihren besser erforschten großen Geschwistern hinsichtlich der anwendbaren physikalischen Prinzipien.

Diese Grundlagen sind deshalb besonders wichtig, weil sonst andere Grundvoraussetzungen in das Microflare-Heizungsmodell eingebaut werden müssten. Die Erforschung der Eigenschaften von Microflares erweist sich als besonders mühselig, aber lohnend; Datenanalyse und Programmierarbeit machen der Grazerin aber praktischerweise am meisten Spaß: "Man muss ausgefeilte Problemlösungen finden, um das Beste aus den Daten zu holen, und sich ständig neue Analysetechniken aneignen."

Das Stipendium ermöglicht ihr "in Ruhe und ohne Geldsorgen" die Dissertation fertigzustellen. In der Mittelschule wollte Sigrid Berkebile-Stoiser Dolmetsch und Sprachen studieren, aber die negativen Schlagzeilen zu überlaufenen Fächern hielten sie davon ab. Weil populäre Astronomieliteratur schon als Jugendliche zu ihrer Lieblingslektüre gehörte, entschloss sie sich eher spontan für die Sternenkunde an der Karl-Franzens-Uni.

Bei der Nasa war sie schon zu Besuch, und "die Wissenschafter dort sind sehr darauf bedacht, ihr Wissen weiterzuvermitteln", stellt sie fest. Auslandsaufenthalte absolvierte sie außerdem in Berkeley, Glasgow und an der Slowakischen Akademie der Wissenschaften. Den Umgang von Professoren mit Studierenden empfand sie in den USA und Großbritannien als lockerer, und "es ist einfacher, auch sehr simple Fragen zu stellen". In Theorie und Datenanalysetechnik in der Praxis profitierte sie von der persönlichen Zusammenarbeit mit Experten auf dem Gebiet. Da sie sowieso gerne reist, genießt sie natürlich auch die Städte und das kulturelle Umfeld um das Forschungszentrum, an dem sie gerade tätig ist. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 04.03.2009)