Wien - Zu einer Gedenkveranstaltung für die Sozialreformerin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis", Hildegard Burjan hat die ÖVP am Dienstagabend ins Parlament geladen. Gleichzeitig wurde ein Buch über Burjan vorgestellt.
Burjan wurde als erste weibliche christlichsoziale Abgeordnete der ersten Nationalversammlung der Ersten Republik am 12. März 1919 angelobt. Der Konstituierung der Nationalversammlung am 4. Februar waren am 16. Februar die ersten allgemeinen, gleichen, geheimen, direkten Wahlen vorangegangen, bei denen Frauen erstmals das aktive und passive Wahlrecht ausüben konnten.
Kopf: "Noch viel zu tun"
Bereits zu ihrer Zeit habe Burjan "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" als politische Forderung postuliert, hob ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf Burjans Kampf für die Rechte und Gleichberechtigung der Frauen hervor. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Fragestunde in der Plenarsitzung am Donnerstag, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt. Gleichberechtigung sei nicht mehr nur ein Schlagwort, "dafür haben die Vorkämpferinnen und Vorkämpfer gesorgt". Burjan würde mit der Entwicklung durchaus zufrieden sein, wenngleich sie ihr Engagement nicht einstellen würde. "Es gibt noch viel zu tun für die stärkere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die vollständige Chancengleichheit", so Kopf.
Rauch-Kallat: Gleicher Lohn bis heute nicht erreicht
Die frühere Frauenministerin und jetzige ÖVP-Frauenchefin Maria Rauch-Kallat hob Burjan in ihrem Statement Hildegard als "eine bemerkenswerte Frau, die Pionierin und Eisbrecherin für die Rechte der Frauen war und zu einem frühen Zeitpunkt oft die erste gewesen war, die Dinge angepackt hat", hervor. Sie habe sozialpolitische Meilensteine nicht nur durchgesetzt, sondern auch finanziert. Sie forderte auch das Recht der Frauenarbeit und hat für gerechten Lohn gekämpft, - eine Forderung, die bis heute nicht erreicht sei, so Rauch-Kallat. Die Schwesterngemeinschaft Caritas Sociales sei eine beispielgebende Einrichtung, die das Erbe Burjans weitertrage.
"Selbstbewusstes Dranbleiben"
Die ehemalige Wiener Landtagspräsidentin Maria Hampel-Fuchs präsentierte Hildegard Burjan "als Vorbild und Visionärin" und wies darauf hin, dass die Kirche die Seligsprechung Burjans erwarte. Die Oberin der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis", Sr. Maria Judith Tappeiner CS, beleuchtete anschließend das Vermächtnis von Burjan - "eine Frau, die die Sozialpolitik der Anfänge unserer Republik mitgestaltet hat". Sie sei ein Vorbild für selbstbewusstes 'Dranbleiben', das auch vor Hindernissen nicht zurückschrecke.
Kirche als Heimat
"Furche"-Chefredakteur Claus Reitan präsentierte im Gespräch mit der Publizistin Prof.in Ingeborg Schödl die dritte und aktualisierte Auflage der Hildegard-Burjan-Biographie Schödls, die unter dem Titel "Frau zwischen Politik und Kirche" im Wiener "Dom"-Verlag erschienen ist. Schödl zeichnet darin den außergewöhnlichen Lebensweg dieser engagierten Frau mit großem Einfühlungsvermögen nach, "die in der Kirche ihre Heimat gefunden hatte. Sie wollte das Evangelium durch soziale Tat verkünden", so Autorin. (red)