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Obwohl der Großteil der österreichischen Mütter mit dem Stillen beginnt, werden weniger als die Hälfte aller Kinder bis zum sechsten Lebensmonat ausschließlich gestillt.

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Noch immer spuken längst nicht mehr aktuelle "Ammenmärchen" über das Stillen herum - Stillberaterinnen klären über Irrtümer auf, unterstützen und beraten Mütter bei Fragen und Unsicherheiten.

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"Wenn eine Mutter fix beschließt, nicht oder nicht mehr stillen zu wollen, so hat sie ihren Grund dafür und man wird sie auch nicht vom Gegenteil überzeugen können. Trotzdem braucht auch sie Beratung und Unterstützung. Besonders wichtig ist, ihr zu vermitteln, dass sie deshalb keine schlechte Mutter ist", sagt Hebamme Ulrike Schuster.

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"Für mich ist Stillen optimal", betont die zweifache Mutter Veronika Kunnert. "Es kostet nichts, die Nahrung ist jederzeit und schnell griffbereit, ich vertiefe damit die Beziehung zu meinem Baby und es bekommt mit der Muttermilch alle Nährstoffe, die es braucht." So wie für sie ist Stillen für viele Mütter der einfachste und beste Weg, ihr Baby zu ernähren, zumal viele Studien dessen Vorteile in ernährungspsychologischer, gesundheitlicher, immunologischer und emotionaler Hinsicht unterstreichen. Nicht alle Frauen machen aber nur positive Erfahrungen damit: Viele probieren es, geben aber auf, andere lehnen es von vornherein ab. Die Gründe reichen von Schmerzen beim Stillen über Stress, Frust, Druck von außen bis hin zu medizinischen Ursachen.

Obwohl der Großteil der österreichischen Mütter mit dem Stillen beginnt, werden weniger als die Hälfte aller Kinder bis zum sechsten Lebensmonat ausschließlich gestillt, so der Verband der Still- und Laktationsberaterinnen Österreichs (VSLÖ). Ob und wie lange eine Frau ihr Baby stillt, hänge vor allem davon ab, wie viel Information, Anleitung und Unterstützung sie von ihrer Umgebung bekommt.

Ammenmärchen

Immer noch würden viele "Ammenmärchen" über das Stillen herumspuken, schildern Stillberaterinnen: Von "Muttermilch sind nur Kalorien - sie muss mit Tee gestreckt werden, damit das Kind genug Flüssigkeit bekommt", "Vom Stillen kriegt man auf jeden Fall einen Hängebusen" und "Meine Mutter, Großmutter konnte schon nicht stillen, also kann ich es auch nicht" über "Man muss die Babys zu ganz bestimmten Zeiten füttern" und "Kleine Brust = wenig Milch, große Brust = viel Milch" bis hin zu "Meine Milch ist nichts wert, weil sie so wässrig ist".

Mütter, die ihr Baby im Krankenhaus zur Welt bringen, glaubten oft, bei der Geburt alle notwendigen Informationen zum Stillen automatisch mitzubekommen. Das sei aber nicht überall so, und es würden dort auch nicht immer alle "Still-Irrtümer" aufgeklärt, sagt Hebamme und Stillberaterin Ulrike Schuster. Deshalb sei es wichtig, nach der Entlassung schon bei leichten Zweifeln, bei Fragen, Unsicherheiten oder den ersten Anzeichen von Schmerzen professionelle Stillberatung zu suchen: "Viele Mütter wissen zum Beispiel nicht, dass sie zu Hause Anspruch auf Betreuung durch eine Hebamme haben, die die Krankenkasse zahlt, wenn sie spätestens am dritten Tag nach der Geburt das Krankenhaus verlassen. Und auch ausgebildete Stillberaterinnen oder Stillgruppen können nach der Geburt weiterhelfen." Optimal wäre es, sich möglichst schon vor der Geburt über das Stillen zu informieren, sagt Schuster: "Ich rate: In der Schwangerschaft bereits eine Stillgruppe besuchen, ein gutes Stillbuch lesen und sich nur mit Müttern übers Stillen austauschen, die selbst mindestens ein halbes Jahr lang erfolgreich gestillt haben."

Die Gynäkologin fragen

Auch Frauen- und Kinderärztinnen und -ärzte sowie Pflegepersonal seien in der Stillberatung gefragt, sagt Maria Wiener, ausgebildete Stillberaterin und Obfrau der österreichischen "La Leche Liga", einer der größten internationalen Frauen-Selbsthilfeorganisationen, in der Mütter ihre Stillerfahrungen in telefonischer Beratung und in Stillgruppen an andere Mütter weitergeben: "GynäkologInnen sollten das Stillen schon in der Schwangerschaft zum Thema machen und vor der Geburt auch die Brust der Mutter anschauen, um sicherzustellen, dass medizinisch alles in Ordnung ist oder die Mutter rechtzeitig und vor allem sanft auf Faktoren vorzubereiten, die zu Schwierigkeiten beim Stillen führen könnten."

Nein zum Stillen

Trotz aller möglichen Vorbereitung und Unterstützung von außen gibt es aber auch Mütter, die das Stillen prinzipiell ablehnen oder nach ersten Stillversuchen das Handtuch werfen und "zur Flasche greifen". So wie Miriam B.*: "Bei mir hat das Stillen schon beim ersten Kind alles andere als leicht funktioniert, obwohl ich im Krankenhaus eine gute Kinderschwester und später zu Hause eine Hebamme hatte. Ich hatte einen Kaiserschnitt hinter mir und meine Brüste machten Probleme", schildert die Mutter von zwei Töchtern. "Ich habe mir Leistungsdruck gemacht, weil ich das nicht konnte und es hat mich enorm gestresst, wenn das Baby geschrien hat, weil es beim Anlegen nichts kriegt. Die Kinderärztin hat mir schließlich zugeredet, es mit der Flasche zu versuchen, weil der Stress erst recht nichts bringt. Das Gefühl, als ich meiner Tochter das erste Mal die Muttermilch aus der Flasche gab, war unvergesslich: Ich war glücklich und entspannt, weil sie endlich gesaugt hat und zufrieden war. Im Nachhinein gesehen hätte ich mir gewünscht, dass mir schon vor der Geburt jemand  erklärt hätte, was da auf mich zukommen kann."

Trotzdem eine gute Mutter

Als Stillberaterin müsse man auch akzeptieren, wenn Frauen das Stillen ablehnen, so Ulrike Schuster: "Wenn eine Mutter fix beschließt, nicht oder nicht mehr stillen zu wollen, so hat sie ihren Grund dafür und man wird sie auch nicht vom Gegenteil überzeugen können. Trotzdem braucht auch sie Beratung und Unterstützung. Besonders wichtig ist, ihr zu vermitteln, dass sie deshalb keine schlechte Mutter ist. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass es besser ist, das Kind entspannt mit dem Fläschchen aufzuziehen, als gestresst zu stillen."

"Jede Mutter muss letztendlich selbst entscheiden, ob sie stillen will", meint auch Maria Wiener. "Wenn das Kind mit dem Fläschchen ernährt wird, sollte aber dennoch die Stillsituation nachempfunden werden, das Baby also trotzdem von der Mutter gefüttert werden - möglichst zunächst mit der abgepumpten Muttermilch -, Hautkontakt mit ihr haben und ihre Nähe spüren." (Isabella Lechner, dieStandard.at, 4.5.2009)