Pro+++
Wenn ich mich zurückerinnere, so war Muttertag für mich immer mit Freude verbunden:
In frühen Jahren die Vorfreude beim Basteln eines Geschenks (ein mit Perlen verziertes Schächtelchen oder ein selbstbestickter Polster ...) und das Gefühl, ein Geheimnis zu haben, von dem die Mutti nix wissen darf. Später die Freude, ganz besonders schöne Blumen, ein besonders hübsches Geschenk, dass sie sich wirklich wünscht, auszusuchen – und in das schon mal ein größerer Teil des Taschengeldes floss, aber egal. Oder die Freude, wenn wir die Schachtel entdeckten, in der die Mama die Muttertags- und Glückwunschkarten mit den kitschigen Gedichten sammelte ("Ich denke nicht nur heut an dich, nein, alle Tage sind so wie ein Muttertag für mich – ich bin ja doch dein Kind") – und wir gemeinsam über die "Kindereien" lachten.
Und bis heute die größte Freude: Zeit mit der Mama zu verbringen, genau das mit ihr zu unternehmen, worauf sie Lust hat, ihr einen Tag zu schenken. Keine "abgezwickte Zeit", kein halbherziger Besuch á la: "Ah ja, die Mama muss ich auch noch besuchen!" (den Stress möcht' ich mir selbst ersparen) und Zeit, die ich ihr auch an anderen Tagen schenken würde, aber an diesem Tag halt sowieso, weil ich weiß, dass es ihr etwas bedeutet – auch wenn sie's mir nie nachtragen würde, wenn ich genau da keine Zeit für sie hätte ("Okay – aber wir holen das nach!?" ;-)).
Was ist also schon gegen den Muttertag einzuwenden – es ist ein schöner Brauch. Weihnachten und Ostern feiern wir schließlich auch, "weil man das halt feiert". Und zu wissen, dass sich die Mama freut – was für ein besseres Argument, diesen Tag zu begehen, kann es geben? (mag)
---Contra
Schon als kleines Mädchen habe ich es eigenartig gefunden, im Kindergarten ein Gedicht mit noch eigenartigeren Versen auswendig lernen zu müssen, um diese meiner Mutter an ihrem "Ehrentag" vorzutragen. Vom damaligen Gesichtsausdruck meiner Mutter zu schließen, war sie eigenartig berührt. Jahre später, als ich keine Gedichte mehr aufgesagt habe, gestand sie mir, was sie von einer solchen "Huldigung" hielt, nämlich nichts bzw. sie als Zumutung empfunden hat. Seither hat sie sich dagegen verwehrt.
Meine eigenen Erfahrungen als Mutter und politisch denkende Frau, also die Verknüpfung von Theorie und Praxis, haben mich darin bestärkt, meiner Mutter Recht zu geben. Dass Mütter in jeder Gesellschaft lebensnotwendige Basisarbeit verrichten, sich in Doppel- und Dreifachbelastungen erschöpfen und dafür nicht nur keine Anerkennung kriegen, sondern immer als Sündenziegen herhalten müssen, wenn mit den Kindern nur irgend eine Kleinigkeit nicht passt, ist schon herb genug. Wenn sie dann aber einmal im Jahr "gehuldigt" werden, indem man sie ins Gasthaus einlädt und ihnen Blumensträuße, Pralinen oder sonst was Unnötiges schenkt, ist das mehr als zynisch.
Und wenn wir wissen, dass der Muttertag in Österreich konservative bis faschistoide Wurzeln hat – Marianne Hainisch, Begründerin der Bürgerlichen Frauenbewegung, setzte sich 1924 dafür ein und Adolf Hitler erklärte diesen Tag neun Jahre später zum Feiertag – ist das nur ein weiteres Argument dagegen. Dem zum Trotz wird der Mutter-verarschungs-tag Jahr für Jahr unreflektiert wieder aufgewärmt, Hauptsache die Wirtschaft floriert. (dabu)