Im Zuge der Prüfung des deutschen Bundestages über einen möglichen staatlichen Finanzierungsanspruch von Frauenhäusern hat sich in deutschen Medien eine Diskussion darüber entsponnen, ob Frauenhäuser statt eine fixe Finanzierung zu erhalten nicht gleich "abgeschafft" werden sollten. Diesen Wunsch äußerte zumindest der Männerforscher Gerhard Amendt, Professor am "Institut für Geschlechter- und Generationenforschung" der Universität Bremen, in seinem Kommentar "Warum das Frauenhaus abgeschafft werden muss" vom 16. Juni 2009 in "Die Welt online".

Verharren im "Opferstatus von Frauen"

Der bereits in der Vergangenheit als Kritiker des von ihm erfundenen "Verdammungsfeminismus" aufgefallene Soziologe kritisiert darin Frauenhäuser als "Hort des Männerhasses", in der Gewalt "in der Familie" nur aus weiblicher Sicht betrachtet würde. Die Frauenhäuser hätten es aufgrund ihrer Parteilichkeit mit Frauen und dem Festhalten an ihrem "Opferstatus" nie gelernt, ein professionelles Verständnis von "Familienkonflikten" zu entwickeln. Für Amendt bedeutet dies in erster Linie: Die Anerkennung, dass auch Frauen gewalttätig sein können. Der Soziologe fordert statt Frauenhäusern "ein Netz von Beratungsstellen für Familien mit Gewaltproblemen", in der die verfeindeten Parteien wieder lernen "zu kommunizieren."

Empörte Reaktionen

Auf die Vorwürfe gegenüber den Frauenhäusern reagierten Fachverbände verärgert. Viktoria Nawrath, Geschäftsführerin der deutschen Frauenhauskoordinierung wirft dem Männerforscher in einem offenen Brief "große Unkenntnis der Realität von Frauenhausarbeit" vor. Jährlich würden rund 20.000 Frauen und ebenso viele Kinder Zuflucht in deutschen Frauenhäusern nehmen, so Nawrath. Rund 60 Prozent dieser Frauen werden von der Polizei oder von professionellen Diensten ins Frauenhaus vermittelt. Ein Großteil der Frauen habe schwere oder sehr schwere Gewalt erlitten und/oder war sexueller Gewalt ausgesetzt. Aufgabe der Frauenhäuser sei es, Frauen und Kindern in existenziellen Krisen mit psychosozialer Beratung und Informationen zu versorgen, nicht jedoch "Schuldfragen" zu klären. Frauenhäuser funktionieren und verstehen sich selbst als Noteinrichtungen, die keine Familienkonflikte therapieren.

Prekäre finanzielle Situation

Mit der Prüfung einer fixen Budgetzusage für die Frauenhäuser auf Bundesebene reagiert der Bundestag auf eine lange Forderung der Einrichtungen. Tatsächlich ist die finanzielle Situation in vielen Bundesländern mehr als prekär. In Sachsen-Anhalt sieht der Sparvorschlag im Landesetat für 2010 etwa eine Kürzung des Budgets für Frauenhäuser von 2,3 Millionen auf 600.000 Euro vor, 2011 soll es gar nur mehr 500.000 Euro sein. Die Viertelung des Landesbudgets würde das System zum Erliegen bringen, erklären die Leiterinnen.

Inzwischen haben sich auch in Österreich Stimmen in die Diskussion eingemischt. In einem offenen Brief der Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, verweist Maria Rösslhumer darauf, dass Frauenhäuser die ersten Einrichtungen in Europa waren, "die Gewalt an Frauen und Kindern in den 1970er sichtbar und das hohe Ausmaß der Gewalt an Frauen und Kindern öffentlich gemacht haben".

2008 wurden in Österreich laut Kriminalstatistik 18 Frauen Mordopfer in einer familiären Beziehung in einer Hausgemeinschaft und 9 Frauen in einer familiären Beziehung außerhalb der gemeinsamen Hausgemeinschaft. Laut Statistik der Interventionsstelle 2008 waren 91 Prozent der Opfer Frauen und 91 Prozent der Täter männlich (meist Ehemänner, Ex-Ehemänner, Lebensgefährten und Freunde etc.). Gewalt gegen Frauen und Kinder sei inzwischen von der Politik und weltweit von allen wichtigen internationalen Institutionen wie UNO, WHO, EU, Europarat und OSCE als ein gravierendes gesellschaftliches Problem und als häufigste Menschenrechtsverletzung unserer Zeit anerkannt worden. (red, dieStandard.at, 1. Juli 2009)