Im städtischen Raum - vor allem in Wien - werden mehr Betretungsverbote für Gewalttäter verhängt als am Land: Interventionsstellenleiterin Logar führt das auf die größere Hemmschwelle zurück, Hilfe zu suchen und sich als Betroffene zu deklarieren.

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Wien - Die Zunahme an Gewalttaten in der Familie bekommen die Interventionsstellen zu spüren. "Wir haben im Jahr etwa 4.000 Fälle zu betreuen", sagt Rosa Logar, Leiterin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Dazu zählen nicht nur jene, die in die Statistik der Wegweisungen und Betretungsverbote fallen, sondern beispielsweise auch Stalkingfälle.

"Wir haben täglich Akutfälle, etwa zehn Prozent der Betroffenen sind sehr gefährdet. Wir arbeiten wie eine Intensivstation auf sozialer Ebene", so Logar.

Hemmschwelle im ländlichen Gebiet höher

Die Statistik der Wegweisungen zeigt ein deutliches Stadt-Land-Gefälle auf. Im städtischen Raum - vor allem in Wien - werden mehr Betretungsverbote für Gewalttäter verhängt als am Land. Dass es in der Stadt mehr aggressive Menschen gebe, "ist sehr unwahrscheinlich", meint Logar. Viel eher gebe es am Land eine größere Hemmschwelle Hilfe, zu suchen und sich als Betroffene zu deklarieren. Außerdem scheuen sich laut Logar "Polizisten am Land eher davor, sich einzumischen als solche in der Stadt". Aus dem einfachen Grund, "weil man den Betroffenen oft kennt". Am Land wird häufig viel zu lange zugewartet, obwohl eh schon gemunkelt werde oder "jeder weiß", dass es in bestimmen Familien Probleme gebe.

Wegweisung "heilsames Mittel"

Im europäischen Vergleich stehe Österreich laut der Expertin bei den Maßnahmen gegen Gewalt in der Familie gut da. "Die Gesetze sind gut, sehr gut sogar. Aber sie werden nicht immer angewendet". Grundsätzlich kann eine Wegweisung ein heilsames Mittel sein, um zu zeigen, "wir tolerieren das nicht". Das "ist eine echte Warnung, die rote Karte", sagte Logar.

Trennung als Gewaltmotor

Die schwersten Gewalttaten passieren in der Zeit von Trennung und Scheidung. In Österreich werden jährlich 30 bis 40 Frauen ermordet, viele von ihnen von ihren Ehemännern oder Ex-Partnern. Oft ist aber auch Geld ein Auslöser für Schläge. "Es gibt Frauen, die nicht genug Geld für Essen oder Kinder für Schulsachen bekommen während der Mann trinkt, raucht und ein Auto hat", meint die Interventionsstellen-Leiterin. (APA)