Pro+++
Ein gemeinsames Konto ist zwar für viele schon passé, dennoch scheuen auch Frauen mit feministischem Bewusstsein nicht davor zurück, sich im kleinen oder auch größeren Stil einladen zu lassen. Mal erschreckt eine in einem Monat beim Anblick des eigenen Kontostandes, mal will der Partner einen Urlaub oder Restaurantbesuch, den sie sich nicht leisten kann. Macht nix, denn "hey - ich lad dich ein".
Macht eben schon was, denn: Es ist kein Zufall, dass der Liebste größere Ausgaben lockerer bewältigt, es ist ebenso kein Zufall, dass er besser verdient, "schließlich ist er ja ein paar Jährchen älter", was wiederum kein Zufall ist. Sicher, es ist nicht einfach sich einzugestehen, dass die strukturellen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen in die eigene Beziehung hineinreichen. Viel lieber tun wir so, als ob er nur ausnahmsweise zum Urlaub mehr beisteuert oder öfter Rechnungen oder die Wohnung bezahlt.
Hier nur zwei Gründe, warum auf diese Bequemlichkeit zu verzichten ist: "Wer zahlt schafft an" ist auch bei so angenehmen Dingen wie der Wahl des Urlaubsortes nicht zu unterschätzen und ein weiterer, noch viel wichtigerer, Grund ist: Der Druck auf die ArbeitgeberInnen sinkt, wenn wir nicht mehr wissen, was wir uns von unserem Monatsgehalt kaufen können - Frauen nämlich deutlich weniger als Männer. Warum sollen Frauen Stress wegen ihres Gehalts bei ihren Chefs und Chefinnen machen, wenn sich trotz miesem Lohn doch irgendwie alles ausgeht? Das ist jenen Frauen gegenüber, die auf sein Geld oder gleich den ganzen Mann verzichten, genauso unsolidarisch, wie es von Sprösslingen reicher Eltern unsolidarisch ist, nichts dabei zu finden, die Geldfrage nicht zu stellen. Und warum sollten wir es von Männern nicht verlangen, dass sie unsere prekäreren Situationen zumindest ein wenig teilen, in kleineren Wohnungen mit Lebensmittel Marke Eigenprodukt? Vielleicht würde dann der eine oder andere fester mit uns am Gleichberechtigungsstrang ziehen. (Rosa Hebeldrang)
---Contra
Gerechtigkeit ist ein gutes Prinzip und am liebsten würde ich mich damit in eine dicke Decke hüllen und durch die Straßen laufen. Allerdings wird es schwierig, wenn die beiden Parteien, die sich gegenseitig gerecht behandeln sollen, nicht gleich sind. When it comes to love - dann tun sich meist - ganz zufällig - größere Unterschiede zwischen den Beteiligten auf.
Ich spreche nicht von Interessen, Intelligenz, Humor, Aussehen, Sex-Appeal oder was sonst noch wichtige Ingredienzien für eine romantische Beziehung zu sein scheinen, sondern vom sozio-ökonomischen Status der Liebenden. Eine/r hat und verdient in der Regel mehr als der oder die andere. Für die heterosexuelle Matrix übersetzt heißt dies meist: er verdient mehr als sie.
Wie gerecht ist es also, sämtliche Ausgaben nach dem Halbe-Halbe-Prinzip aufzuteilen? Angenommen, er verdient um ein Drittel mehr als sie, warum soll er dann nicht auch ein Drittel mehr an Miete und Strom bezahlen? Warum sollte er nicht öfter die Restaurant-Rechnung begleichen oder sich öfter auf den Weg zur Bar machen, um die Getränke zu besorgen?
Wenn es einen Vorteil gibt, als Liebespärchen durchs Leben zu gehen, dann ist es der, die patriachale Prämisse von "Wer zahlt schafft an" aus den Angeln zu heben. Wer mehr hat, gibt auch mehr, so macht es der Staat in der Regel auch in der Steuerpolitik. Also: Wenn er zahlt, dann ist das auch eine Form von Gerechtigkeit - und zwar von sozialer Gerechtigkeit. (Magdalena Schneider, dieStandard.at, 12.10.2009)