In den Vorständen der Großkonzerne sitzen nur neun Prozent Frauen. Die Gesetzesinitiative ist heftig umstritten.

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Der französische Abgeordnete Jean-François Copé, Fraktionschef der regierenden "Union für eine Volksbewegung" (UMP), will "in den nächsten Tagen" eine Gesetzesinitiative für eine Frauenquote in den Verwaltungsräten der großen französischen Firmen einreichen. Wie er erklärt, wären demnach künftig 40 Prozent und "zum Schluss" gar 50 Prozent der Sitze durch Frauen zu besetzen. Da die UMP von Staatschef Nicolas Sarkozy in der französischen Nationalversammlung die absolute Mehrheit hat, dürfte der Vorstoß schon Anfang des nächsten Jahres verabschiedet werden, glaubt Copé.

Nur neun Prozent Frauen 

Frankreich wäre damit, abgesehen von entsprechenden Regelungen in Skandinavien, das erste größere Land Europas, das eine solche Maßnahme ergreift, um die Stellung der Frau in der Privatwirtschaft zu stärken. Derzeit rangiert es eher am unteren Ende der europäischen Rangliste: Die französischen Großkonzerne zählen nur neun Prozent Frauen in ihren Verwaltungsräten.

"Ich bin entrüstet zu sehen, dass wir in dieser Frage stagnieren", meinte Copé. "Es wäre eine Ehre für Frankreich, in diesem Bereich zusammen mit Norwegen an der Spitze zu sein." Wenn schöne Worte nicht mehr genügten, müsse eben ein Gesetz her.

Der UMP-Fraktionschef nahm die weitherum hörbare Kritik vorweg, dass ein gesellschaftspolitisches Problem nicht auf dem Gesetzesweg zu regeln sei. Sozialistische und grüne Abgeordnete meinen zudem, die Bürgerlichen lenkten sie nur vom eigentlichen Problem ab, der Diskriminierung der Frau im Wirtschaftsleben.

Erst im Juli hatte ein Behördenbericht die gravierende Lohnungleichheit am Arbeitsplatz detailliert geschildert: Eine Französin erhält im Normalfall für die gleiche Arbeit mehr als zwanzig Prozent weniger Salär als ein Franzose.

20 Prozent weniger Gage 

Die Berichtverfasserin Brigitte Grésy erklärte unlängst, schon drei Pariser Regierungen hätten seit 1983 eigene Gesetze erlassen, um in den Tarifverhandlungen eine Annäherung zu erreichen; diese Versuche hätten aber keine nennenswerten Resultate gezeitigt. Als Gegenmaßnahme empfiehlt die Sozialökonomin zehn konkrete Änderungen - von der Berufsbildung über die Einstellungspolitik bis hin zur Zusammensetzung der Verwaltungsräte. Sie verwahrt sich gegen das Argument, Frauenquoten widersprächen dem Kriterium der Kompetenz: In skandinavischen Unternehmen, wo die Quoten gegriffen hätten, hätten sich die Geschäftszahlen überdurchschnittlich verbessert.

Copé, der sich mit seinem Vorschlag ausdrücklich auf Grésys Bericht abstützt, fügt hinzu, das Vorbild müsse "von oben" kommen. Die Sozialisten hätten im Jahr 2000 auch Frauenquoten in den nationalen Parlamenten eingeführt. Seither habe sich der dortige Bestand immerhin auf etwa zwanzig Prozent Frauen erhöht.

Ein Sprecher der Sarkozy-Regierung zeigte sich zudem eher reserviert und stellte die Quotenhöhen von 40 oder 50 Prozent infrage; besser wäre es, mit 20 Prozent zu beginnen, meinte er.

Mit linker Schützenhilfe dürfte der Bürgerliche Copés seinen Vorstoß aber auch gegen seine eigene Regierung durchbringen. (Stefan Brändle aus Pari/DER STANDARD, Printausgabe 28.10.2009)