Hundetrainerin Andrea Dité: "Ich betreue sowohl Hunde, bei denen der ganz normale Gehorsam verpatzt oder denen die Freude an der Arbeit nicht gelehrt wurde, als auch Tiere, die ein für den Menschen unerwünschtes Normalverhalten wie Artgenossenunverträglichkeit zeigen." Ihre eigenen drei erzieht sie genauso wie ihre "Trainingshunde".

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"An der Vetmed war ich auch Rettungshundeführerin und habe gemeinsam mit einem Professor an der Uni verhaltenstherapeutisches Training für Hunde eingeführt", schildert die gelernte Tierarztassistentin.

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"Jeder Hund ist anders, man kann da keine Schiene fahren, sondern muss jedes Tier als eigenständiges Individuum betrachten und das Training auf ihn abstimmen."

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"Für mich ist Hundeausbildung kein Kampf zwischen Mensch und Hund, das wäre der falsche Weg. Ich sehe darin vor allem eine Zusammenarbeit zwischen Halter, Trainer und Hund."

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Kritik am Berufsstand: "Österreich wird mit Hundetrainern überschwemmt, wobei oft vergessen wird, wie viel Verantwortung in diesem Beruf liegt, speziell wenn es um verhaltensauffällige Hunde geht."

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"Um aktiv am Hund zu arbeiten, braucht man sowohl Theorie als auch viel Praxis mit so vielen verschiedenen Hunden wie nur möglich", ist die Verhaltenstrainerin überzeugt.

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Mit wedelndem Schwanz und einem Plüschteddy im Maul kommt der zweijährige Schäferhund aus dem Nebenzimmer gelaufen, einen weiteren Schäfer und eine English- Staffordshire-Bullhündin im Schlepptau. Neugierig begutachten und beschnuppern sie den unbekannten Besuch, bis ein "So, auf eure Decke!" die drei aufhorchen lässt und sie brav auf ihre Plätze traben. "Ich glaube, ich bin mit dem Drang nach einem Hund schon zur Welt gekommen", lacht Hundetrainerin und -besitzerin Andrea Dité. "Als Kind habe ich immer nach einem Hund gebettelt. Weil wir wegen der Berufstätigkeit meiner Eltern aus Zeitmangel aber keinen haben konnten, habe ich die von meinen Tanten betreut und ausgeführt."

Wenn nicht angeboren, so wurde ihr die Liebe zu Tieren zumindest in die Wiege gelegt: "Ich bin in einer sehr tierlieben Familie mit Wellensittichen, Katzen, Kaninchen und so weiter aufgewachsen, habe als Kind bereits reiten gelernt und hatte immer schon einen guten Zugang zu Tieren." Die Tierliebe sollte dann auch ihre Berufswahl bestimmen: "Zunächst habe ich eine Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe besucht, aber bald gemerkt, dass das nicht meines ist. Der Vater einer Schulkollegin arbeitete damals an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien und so kamen wir ins Gespräch über die dortigen Arbeitsfelder. Ich habe gemerkt, dass mich das brennend interessiert und daraufhin die Aufnahmeprüfung für die an der 'Vetmed' angesiedelte Ausbildung zur Tierarztassistentin gemacht und bestanden."

Rottweiler als Lieblingshunde

Gegen Ende der Ausbildung kam der erste eigene Hund in Andrea Dités Leben ("Ein Rottweiler, das sind meine Lieblingshunde - sehr liebe Tiere, wenn man weiß, wie man korrekt mit ihnen umgeht") und damit auch das Interesse am Training: "Während der folgenden sechs Jahre an der Internen Abteilung der Vetmed habe ich privat viel mit meinen eigenen Hunden gearbeitet, auch im Hundesport, und, wenn Leute mich gebeten haben, hobbymäßig auch schon mit schwierigeren Hunden. An der Vetmed war ich auch Rettungshundeführerin und habe gemeinsam mit einem Professor an der Uni verhaltenstherapeutisches Training für Hunde eingeführt. Gleichzeitig hatte ich das Glück, an vielen für Tierärzte veranstalteten Verhaltensseminaren für Hunde teilnehmen zu dürfen - ich hatte also schon viel praktische und theoretische Erfahrung, bevor ich mich hauptberuflich auf das Hundeverhaltenstraining zu konzentrieren begann."

Pferd oder Hund?

Während ihrer Arbeit an der Vetmed war Andrea Dité auch mit großem Engagement als Dressurreitlehrerin tätig - bis ihr 2002 alles zusammen zu viel wurde: "Der Volljob an der Uni, das Verhaltenstraining mit den Hunden und dann noch am Wochenende das Reittraining, das ging irgendwann nicht mehr. Wenn ich etwas mache, möchte ich mich ganz darauf konzentrieren können und das war zeitlich nicht mehr möglich. Ich musste mich entscheiden: Pferd oder Hund. Deshalb habe ich beschlossen, mich als Verhaltenstrainerin für Hunde selbstständig zu machen."

Kein einfacher Schritt, wenn frau das geregelte Arbeitsleben gewohnt ist: "Heute schätze ich es sehr, mir meine Zeit frei einteilen zu können, selbst wenn ich auch an Feiertagen und Wochenenden arbeiten muss, aber es war ein Lernprozess, Arbeits- und Freizeit strikt zu trennen." Zwei Monate habe sie mit der Entscheidung gehadert, in die Selbstständigkeit zu gehen, habe viel überlegt, abgewogen, sich mit Freunden, Bekannten und Familie besprochen: "Es war eine Überwindung, denn Hundetrainer ist ja schon ein Idealistenberuf, wo nicht gleich jeder sagt: 'Ja, mach das.' Die großen Reichtümer werde ich damit nicht bekommen, aber das steht für mich auch nicht im Mittelpunkt. Ich muss davon leben können."

Gehorsamstraining für Jung und Alt

Zu Dités Aufgaben zählt die Arbeit mit Welpen, der Junghundeaufbau, das Lehren von Gehorsam für den Familien- und den Leistungssporthund, Fährtentraining und - als Kernarbeit - Verhaltenstraining für 'normale' und verhaltensauffällige Hunde. "Ich betreue sowohl Hunde, bei denen der ganz normale Gehorsam verpatzt oder denen die Freude an der Arbeit nicht gelehrt wurde, als auch Tiere, die ein für den Menschen unerwünschtes Normalverhalten wie Artgenossenunverträglichkeit zeigen. Ich arbeite aber auch an schweren Verhaltensauffälligkeiten - von Hunden, die gegen Menschen vorgehen bis hin zu Zwangsneurosen." Auch Hunde aus dem Tierheim zählen zu Dités "Klienten": "Im Tierheim gibt es Paten, die sich um einzelne Hunde kümmern und immer wieder mit einer Trainingsanfrage an mich herantreten, damit ihre Schützlinge eine größere Chance haben, einen Platz zu finden."

Was sie von manch anderen AusbildnerInnen unterscheide, sei die individuelle Arbeit mit den Tieren: "Jeder Hund ist anders, man kann da keine Schiene fahren, sondern muss jedes Tier als eigenständiges Individuum betrachten und das Training auf ihn abstimmen. Was für den einen Hund an Ausbildungsmethode richtig ist, geht für den anderen gar nicht. Das 'Massen-im-Kreis-laufen' mit 10 bis 15 Hunden, wie es an manchen Ausbildungsstätten üblich ist, macht für mich überhaupt keinen Sinn - das erzeugt bei den Hunden nur Stress."

Hochkonzentrierte Feinarbeit

Training habe für sie auch sehr viel mit hochkonzentrierter Feinarbeit zu tun: "Für mich ist Hundeausbildung kein Kampf zwischen Mensch und Hund, das wäre der falsche Weg. Ich sehe darin vor allem eine Zusammenarbeit zwischen allen drei Beteiligten: Halter, Trainer und Hund. Wenn die Chemie zwischen Trainer und Halter nicht passt, ist das Training schwierig. Deshalb ist es auch ganz wichtig in diesem Beruf, mit Menschen umgehen zu können."

Mit der Hundetrainerausbildung in Österreich ist die 41-Jährige wenig zufrieden. Hundetrainer sei in Österreich kein zertifizierter Lehrberuf und die Ausbildungen in Deutschland und in der Schweiz seien hier nicht anerkannt: "Um aktiv am Hund zu arbeiten, braucht man aber sowohl Theorie als auch viel Praxis mit so vielen verschiedenen Hunden wie nur möglich. Momentan ist es bei uns so Mode: 'Ich habe zwei Vorträge gehört und drei Seminare besucht und bin jetzt Hundetrainer.' Es ist fast wie in Deutschland: Entweder man wird Comedian oder Hundetrainer." Es gebe in Österreich auch keine Kontrolle der Ausübenden, theoretisch könne sich jede/r "HundetrainerIn" nennen: "Das finde ich sehr schade. Österreich wird mit Hundetrainern überschwemmt, wobei oft vergessen wird, wie viel Verantwortung in diesem Beruf liegt, speziell wenn es um verhaltensauffällige Hunde geht: Man arbeitet schließlich an der Psyche des Hundes und das Tier bewegt sich im Alltag unter Menschen."

"Das Vertrauen musste ich mir erst erarbeiten"

Mittlerweile sei ihr Name in der Branche schon etabliert, so die Trainerin: "Zumindest weiß man, was die Dité macht", lacht sie. Die HundehalterInnen fänden vor allem auf Empfehlung von Tierärzten und -ärztinnen oder durch Mundpropaganda zu ihr. Die Arbeit in der Veterinärmedizinischen Universität habe ihr in puncto Kontakte beim Einstieg geholfen, aber: "Das Vertrauen musste ich mir trotzdem erst selbst erarbeiten. Zu Beginn haben die Ärzte immer nur einen Hund überwiesen, nach dem Motto: 'Schau'n wir mal, was die Dité draus macht.'"

Heute weiß die 41-Jährige, dass die Entscheidung, nur mehr mit Hunden zu arbeiten, die richtige war: "Mein Beruf ist gleichzeitig mein Hobby und meine Berufung. Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten Arbeit und einigen tausend trainierten Hunden geht mir immer noch das Herz auf, wenn einem Tier etwas gelingt. Ich möchte etwas tun, was ich wirklich gerne tue - und dieser Beruf erfreut mich jeden Tag." (isa/dieStandard.at, 5.11.2009)