Zeitgleich mit der Freigabe der Vikela 1,5-mg-Tablette (Wirkstoff Levonorgestrel) erhalten die Apotheken ein Info-Schreiben des Gesundheitsministeriums.

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Ab sofort ist die "Pille danach" in Österreichs Apotheken rezeptfrei erhältlich. Der entsprechende Bescheid wurde am Donnerstag vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ausgestellt, teilte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Freitag mit. Freigegeben wurde vorläufig nur das Präparat "Vikela", das in Österreich derzeit noch von Gerot Pharmazeutika, ab 2010 von Sanova Pharma vertrieben wird.

Beschluss erfolgte einstimmig

Das Präparat zur Notfallverhütung wurde "für Frauen aller Altersgruppen rezeptfrei gestellt", hieß es im Ministerium. Der Beschluss erfolgte einstimmig nach Prüfung der vorliegenden Gutachten. Auch der Oberste Sanitätsrat hat kürzlich eine positive Empfehlung ausgesprochen. Es wurde nun doch nicht der Wirkstoff, sondern eine bestimmte Arzneispezialität freigegeben, was das Verfahren verkürzt hat. Dazu wurde ein mehrere Jahre alter Antrag herangezogen. Gesundheitsminister Alois Stöger hat sich seit längerem für die Freigabe starkgemacht.

Stöger hat am Freitag die Rezeptfreistellung als wichtiges frauenpolitisches Anliegen bezeichnet, "für das ich mich aus Überzeugung eingesetzt habe". Auch der Oberste Sanitätsrat hat sich laut Stöger bereits mehrmals positiv zu einer Rezeptbefreiung geäußert. Wichtig sei es zu betonen, dass dies keineswegs eine Routinemethode der Empfängnisverhütung sein könne. Um die Bewusstseinsbildung in diesem Sinne zu forcieren, werde es eine begleitende Informationskampagne geben, so Stöger. 

Kontrolle durch Frauenarzt empfohlen

Zeitgleich mit der Freigabe der Vikela 1,5-mg-Tablette (Wirkstoff Levonorgestrel) erhalten die Apotheken ein Info-Schreiben des Gesundheitsministeriums. Darin wird um Information der Patientinnen gebeten, unter anderem darüber, dass ein Notfallkontrazeptivum keinesfalls eine reguläre Verhütungsmethode ersetze. Auch eine Kontrolle durch einen Facharzt/eine Fachärztin für Frauenheilkunde soll "nachdrücklich" empfohlen werden.

Zusätzlich sollen die ApothekerInnen die Frauen darauf hinweisen, dass eine bestehende Schwangerschaft durch die Einnahme nicht abgebrochen werden kann und eine Verhinderung einer Schwangerschaft nicht in jedem Fall gegeben sei (besonders, wenn Unsicherheit über den genauen Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehrs besteht). Ein Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten durch die Anwendung sei nicht gegeben, auch darüber soll informiert werden.

Hintergrund

Die Freigabe von Vikela erfolgte aufgrund eines Antrags, den Gerot Pharmazeutika aus der Firmengruppe von Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein vor einigen Jahren gestellt hat. Das Gesundheitsministerium fragte nun nach und bekam die Auskunft, dass dieser noch aufrecht sei, hieß es am Freitag. Unter ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat sei der Antrag aus politischen Gründen nicht weiter verfolgt worden, so eine Sprecherin Stögers.

Zuletzt hatte es noch geheißen, dass Stöger eine Freigabe des Wirkstoffs plane. Weder Sanova, die ab 2010 den Vertrieb des aus Frankreich stammenden Produkts von Gerot übernimmt, noch das Pharmaunternehmen Kwizda wollten sich nämlich um Befreiung für ihre Produkte mit identem Wirkstoff bemühen. Die Wirkstofffreigabe hätte länger gedauert, weil diese nur über den Weg einer Verordnung - samt Begutachtung - möglich gewesen wäre.

Grüne sehen langjährige Forderung erfüllt

Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner zeigte sich erfreut über die Freigabe: "Mit der Rezeptfreiheit wurde eine unserer langjährigen Forderungen endlich umgesetzt. Das ist eine wichtige Maßnahme, mit der Frauen nun endlich einen barrierefreien Zugang zu einem Notfallsverhütungsmittel haben". Die Grüne Politikerin zeigte sich überzeugt, dass sich damit in Zukunft ungewollte Schwangerschaften besser verhindern lassen.

Wehsely und Heinisch-Hosek: Richtiger Schritt

Beifall kam auch von der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely von der SPÖ: "Gesundheitsminister Stöger geht es um Verbesserungen im Sinne der Frauen, die damit eine ungewollte Schwangerschaft verhindern können", so Wehsely in einer Aussendung. Auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht hinter der Freigabe: "Ich freue mich sehr, dass die "Pille danach" rezeptfrei gestellt wurde". Alois Stöger handle damit absolut im Sinne der Frauen, so die Frauenministerin. Es gehe darum, nach einer Verhütungspanne den betroffenen Frauen in einer Notsituation die geeignete medizinische Hilfe ohne zeitliche Hürden zur Verfügung zu stellen. Wichtig sei es jedoch weiterhin, dass junge Menschen eine zeitgemäße Aufklärung und Zugang zu Verhütungsmitteln erhalten.

Der Leiter der Wiener Gynmed-Klinik Christian Fiala erwartet durch die rezeptfreie "Pille danach" einen Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche. In fast allen Ländern Westeuropas sei diese Maßnahme seit mehr als zehn Jahren Realität und habe sich sehr bewährt. 

Kritik von FPÖ, ÖVP und Aktion Leben

"Bestürzt" zeigte sich die Generalsekretärin der Aktion Leben österreich, Martina Kronthaler. Die "Pille danach" sei nur eine "billige Antwort auf die Versäumnisse der schulischen Sexualerziehung und Aufklärungsarbeit". Zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften wären "tiefer gehende Lösungen" gefragt.

Auch ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl ist gegen die Freigabe, denn die "Pille danach" sei eine "regelrechte Hormonbombe". Auch die Gesundheitssprecherin der FPÖ, Belakowitsch-Jenewein, reagierte mit Ablehnung: "Die sogenannte 'Pille danach' stellt einen Eingriff in den Hormonhaushalt dar, der in der medizinischen Fachwelt durchaus bedenklich eingestuft wird", so Belakowitsch-Jenewein. Auch in der katholichen Kirche hat die Freigabe erwartungsgemäß Kritik ausgelöst, "Familien-Bischof" Klaus Küng zeigte sich gegenüber Kathpress bestürzt. (APA/red)