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Geliebt und gehasst: Julia Timoschenko

Foto: Reuters/GLEB GARANICH

Kiew - Mit ihrem traditionell geflochtenen Haarkranz präsentiert Regierungschefin Julia Timoschenko so etwas wie den Inbegriff der bodenständigen Ukrainerin. Auf ihren Wahlplakaten für die Präsidentenwahl hält die 49-Jährige einen Getreidestrauß in der Hand als Zeichen für den Ruf des Landes als Kornkammer. Dass sich die Politikerin auf anderen Postern mit einem weißen Tigerbaby räkelt, versteht sie selbst wohl als Symbol für Stärke.

Timoschenkos Anhänger heben vor allem ihre Durchsetzungsfähigkeit in der Männerwelt und ihren eisernen Willen hervor. Sie schwärmen von der klugen Frau mit Ingenieursdiplom, die trotz aller Hindernisse ihren Weg gehe. Ihre Auftritte in strahlendem Weiß sollen auch eine Kampfansage an die schmutzigen, sprich korrupten Kollegen sein. Dabei hat auch Timoschenko nach Ansicht ihrer Gegner keine saubere Weste.

Vorwürfe

In ihrer ersten Amtszeit wurde sie von der russischen Justiz noch per Haftbefehl gesucht. Sie soll Mitte der 1990er Jahre im Zuge zwielichtiger Geschäfte russische Militärs bestochen haben. Durch die Privatisierungswelle nach dem Zerfall der Sowjetunion stieg sie an der Seite ihres Mannes zur "Gasprinzessin" auf. Mittlerweile lebt das Paar, das eine Tochter hat, seit über zehn Jahren getrennt.

Auch KritikerInnen bescheinigen der Vollblutpolitikerin, deren Markenzeichen ein rotes Herz auf blütenweißem Grund ist, Charisma und Machtinstinkt. Moskaus Regierungschef Wladimir Putin lobte seine Kollegin als zäh und fair. Timoschenko handelte etwa neue Verträge für russische Gaslieferungen mit Putin aus und sorgte so für eine Entspannung des gereizten Verhältnisses zwischen Kiew und Moskau.

Ihre Kontrahenten aber werfen ihr vor, die Ukraine zu verkaufen. Zudem treibe ihre sprunghafte populistische Politik mit immer neuen sozialen Zugeständnissen das Land in den Ruin. Trotz dünner Mehrheitsverhältnisse im Parlament schaffte es die energische Frau, ihr Land in der schwersten Krise seit den 1990ern auf Kurs zu halten.

Begeisterung

Timoschenko mobilisierte zuletzt nicht nur in Kiew und im Westen der Ukraine ihre national gesinnten Anhänger. Selbst in den russischsprachigen Gebieten im Osten und Süden des Landes sympathisierten zuletzt immer mehr Menschen mit der in der Industriestadt Dnepropetrowsk Geborenen. Bei Kundgebungen zieht die "schöne Julia" leicht Hunderttausende Menschen an - wie 2004, als sie als Heldin der Orangen Revolution mit ihren Reden mitriss.

Doch WählerInnen erinnern sich, dass Timoschenko eine Politikerin mit zweifelhafter Vergangenheit sei. 1999 wurde sie Vizeregierungschefin unter dem damaligen Präsidenten Leonid Kutschma. Der ließ sie fallen, als sie 2001 wegen Schmuggels und Urkundenfälschung angeklagt wurde. Bei ihrer Freilassung nach 42 Tagen Untersuchungshaft schwor die kompromisslose Politikerin der damaligen Machtelite Rache. (APA/dpa)