Der Kampf um Frauen- und Homosexuellen-Rechte - diese beiden Themen haben eine Menge miteinander zu tun. Möchte man meinen. Nicht nur im Forum von dieStandard.at werden immer wieder Stimmen laut, die so gar nicht verstehen können, was die LGBT-Berichterstattung in einem feministischen Medium zu suchen hat: Auch der Vertreter einer politischen Partei äußerte sich vor geraumer Zeit besorgt bis verärgert, dass sein Thema auf einem "Frauenkanal" zu kurz kommen könnte. Offenbar gibt es also doch keinen Konsens über die Parallelen von Feminismus und Homosexuellen-Aktivismus?

Minderwertigkeit von Frauen

Übersehen wird bei dieser Einschätzung, dass Frauenhass und Homophobie in unserer patriarchalen Gesellschaft ähnliche Wurzeln und Funktionen haben. Freilich gibt es jeweils unterschiedliche Gründe und Auslöser, weshalb in einer Situation Frauen diskriminiert, angepöbelt oder geschlagen werden und ein andermal Homosexuelle, dennoch basieren diese Ereignisse auf derselben gesellschaftlichen Grundstruktur: der hierarchischen Konstellation von Männlichkeit gegenüber Weiblichkeit in unserer Gesellschaft.

Was Schwule betrifft, so fußt ein Großteil ihrer Diskriminierung darauf, dass sie von der Mehrheitsgesellschaft als "nicht-männliche" Männer wahrgenommen werden, als Menschen, die durch ihre Sexualität effeminisiert sind, und sich damit scheinbar freiwillig in eine unterlegene Position begeben. Homophobie gegenüber Männern erfüllt ähnlich wie Sexismus die Funktion, die so Handelnden als "wahre Männer" erscheinen zu lassen.

Lesbischer Sexualität fehlt diese Assoziation, weshalb sie ja auch in faschistischen Regimen mit geringerem Aufwand verfolgt wurden als Schwule - ihre Sexualität wurde schlicht weniger ernst genommen. Als Reaktion auf diese und andere Erfahrungen haben sich Generationen von feministischen Künstlerinnen mit weiblicher Sexualität beschäftigt und auf unterschiedlichsten Ebenen an ihrer Sichtbarmachung gearbeitet. Hass ziehen lesbische Frauen aber auch auf sich, weil sie die herkömmlichen Vorstellungen von Weiblichkeit hinter sich lassen und damit erst wieder etablierte Männlichkeit in Frage stellen, weil diese ja nur in Abgrenzung zu herkömmlichen Frauenbildern vorstellbar ist.

"Wider die Natur"

Geschlecht und Sexualität sind also zwei Bereiche, die nicht voneinander getrennt betrachtet werden können, weil Sexualität zum großen Teil Geschlecht macht. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass Feministinnen und Homosexuellen-Bewegung viele Forderungen miteinander teilen: beide wehren sich gegen Zuschreibungen, die die Gesellschaft einzig aufgrund des biologischen Geschlechts von Menschen trifft. Frauen lehnten und lehnen sich dagegen auf, abhängig, verfügbar und gehorsam gegenüber ihren Männern zu sein, Homosexuelle kämpfen für das Recht, Sex zu haben mit wem sie wollen. Sowohl der Emanzipation von Frauen als auch gelebter Homosexualität haftet bis heute der Vorwurf an, die gesellschaftliche Ordnung zu stören und gleichzeitig "wider die Natur" zu sein.

Natürlich gibt es auch Widersprüche und unterschiedliche Ziele zwischen den Bewegungen, und sie werden angesichts der Aufsplitterung sowohl bei den Feministinnen als auch bei den Homosexuellen- und Queer-Verbänden eher größer als kleiner werden. Dennoch reichen die Gemeinsamkeiten aus, dass Nachrichten über Homosexuellen-Rechte auf einer feministischen Plattform angebracht sind. Und wenn es den Homosexuellen-Verbänden darum geht, die gesellschaftsemanzipatorischen Aspekte ihrer Anliegen zu betonen, und nicht nur ihren eigenen kleinen Schrebergarten zu beackern, dann werden sie sich sogar über die gute Gesellschaft der Feministinnen freuen. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 16.2.2010)