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Das Ergebnis von gesunder Ernährung? Eine deutsche Frauenzeitschrift klärt über den neuesten Wellness-Trend aus Hollywood auf, der ausschließlich auf frischen Lebensmitteln basiert. Jennifer Aniston hat es versucht und "ihr durchtrainierter Traumkörper spricht für sich", wie das Magazin Glamour berichtet.

Foto: EPA/ANDREW GOMBERT

Die katholische Fastenzeit hat begonnen. Und weil Fasten ja gesund ist, dringen auch bis zu den strammsten AtheistInnen Empfehlungen in Sachen "entschlacken" oder "entgiften" durch. Auch Superstars legen uns "acht Tassen grünen Tee" (Catherine Zeta-Jones) oder schlichtweg "gesunde Ernährung", "früh schlafen gehen" und natürlich den Verzicht auf Alkohol und Zigaretten ans Herz. Den kleinen Nebeneffekt, blendendes Aussehen, gibt es - so scheint es - nur als Sahnehäubchen oben drauf und die Begriffe "Schönheit" und "Gesundheit" verschmelzen immer mehr. Was mal als "Kosmetik" oder "Schönheitspflege" galt, stößt heute mit dem Todschlagargument "Gesundheit" den absurdesten Praktiken Tür und Tor auf.

Verantwortungslos und vollschlank

Die diskursive Liaison zwischen Gesundheit und Schönheit ist nicht ganz neu und hat sich beim Thema Abnehmen zur Höchstform aufgeschwungen. Fünf Kilo auf oder ab betrifft längst nicht mehr nur das Aussehen, Kilos nicht loszuwerden wird als lebensbedrohliches und verantwortungsloses (nicht zuletzt den Krankenkassen gegenüber) Laster ins Feld geführt. So weist etwa Ernährungspäpstin Sasha Walleczek mit eindringlich-warnendem Blick Jugendliche mit ein paar Extra-Kilos energisch darauf hin, dass das jetzt "ihre letzte Chance!!" sei. Als Zuseherin bekommt eine das Gefühl, sowohl der soziale Absturz und Tod könnte gewichtsbedingt schon nächste Woche über sie hereinbrechen, obwohl sich die einen oder anderen verschreckt dreinschauenden Jugendlichen gerade mal ein paar Kilos über dem sogenannten Normalgewicht leisten. 

In Sachen Gewicht sind die vermeintlich objektiven Parameter, die über gesund oder ungesund entscheiden, Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht, BMI, Körperfettanteil oder Konfektionsgrößen. Zahlen, die als Autorität gelten, obwohl jede Frau über 30 weiß, dass wir heute für die Größe 38 bei H&M weniger Stoff bekommen, als noch vor fünfzehn Jahren. Auch dass der BMI erst durch seinen Einsatz bei US-amerikanischen Lebensversicherungen relevant wurde, die diese Zahlen als Einstufung benutzen, um Prämien für Lebensversicherungen zu berechnen, ist wenig vertrauenerweckend.

Auch rasieren ist gesund? 

Und weil es schon beim Thema Abnehmen so gut klappt, werden schon die nächsten kosmetischen Eingriffe am Körper mit Gesundheit gerechtfertigt: Hygiene und in Folge Gesundheit werden in Sachen Intimrasur schamlos ins Feld geführt und sogar sehr jungen Frauen zu Gemüte geführt.
So sind etwa in der Jugendzeitschrift "Bravo" die Dr. Sommer-Nackten mittlerweile größtenteils glattrasiert vorzufinden, obwohl diese aufklärungstechnisch für viele eine nicht unwesentliche Rolle spielen und Modellcharakter, wie Mann oder Frau nackt aussehen sollte, haben. Und als ob omnipräsente Ideale in Sachen Aussehen nicht ausreichend wirken würden, wird auch hier noch in die Pseudo-Gesundheitskerbe eingeschlagen: Laut dem großen Bravo "Schamhaar-Quiz" ist es nämlich Fakt, dass die Entfernung der Körperhaare die Hygiene erleichtert. Und so können sich junge Schamhaarträgerinnen schon mal darauf einstellen, sich in der Umkleidekabine als "ungepflegt" schimpfen lassen zu müssen.

Normierung

Über die wahren Gründe, warum sich die Totalrasur in derartiger Geschwindigkeit durchgesetzt hat, wird spekuliert. Die Anpassung an Bilder aus der hetero-sexistischen Mainstreampornoindustrie und wieder mal der schlichte Grund "Verjüngung" werden von ExpertInnen häufig angeführt. Diese berichten auch darüber, dass relativ zeitgleich mit dem Trend zur totalen Intimrasur - früher war nur die sogenannte Bikinizone dran - genitalchirurgische Eingriffe deutlich zugenommen haben, die grotesker Weise auch als "rekonstruktive Chirurgie" (zurück zum kleinen Mädchen?) bezeichnet wird. „Rekonstruktive Chirurgie" bedeutet, dass die inneren Schamlippen gestutzt, die äußeren Schamlippen aufgepolstert werden oder auch Verengungen der Vagina. Da geht es also ans Eingemachte und rechtfertigungstechnisch müssen auch die Argumente dafür aufgepolstert werden und so geht es plötzlich um "sexuelle Zufriedenheit" oder darum, dass die Schamlippen ja schon die längste Zeit beim Radeln gestört hätten und immer alles wund geworden wäre, wie beispielsweise eine Frau in einer TV-Dokumentation auf VOX über Genitalchirurgie den Entschluss zum Eingriff erklärte. 

Mag sein, dass so etwas vorkommt, aber solche Einzelfälle rauszukramen, um Schönheitsoperationen an der Vagina zu etablieren und bei der Gelegenheit zu deponieren, wie eine ästhetische Vagina auszusehen hätte, ist mehr als fragwürdig.

Das semantische Zusammenrücken von "Wohlbefinden", "Hygiene", "körperliche und seelische Gesundheit" und "Schönheit" verlangt offensichtlich unsere vollste feministische Aufmerksamkeit, untergräbt es doch in gefährlicher Weise unsere Autonomie über unseren Körper und hilft Scheinargumenten auf den Weg, die schmerzhafte Praktiken für Frauen mehr und mehr zum Standard machen. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 24.2.2010)