Wien - Im Europäischen Jahr zur Bekämpfung der Armut steht jetzt fest: Obwohl die Sozialsysteme zu den besten weltweit gehören, sind etwa 16 Prozent der Bevölkerung in der Union von Geldnöten betroffen - und zwar vor allem die Frauen.

In Österreich ist ihr Verarmungsrisiko sogar um ein Viertel höher als bei Männern. Die Gefährdungsquote der Frauen liegt hierzulande bei 14 Prozent, die der Männer bei elf Prozent. Besonders betroffen sind Alleinerzieherinnen - von ihnen ist mittlerweile jede Dritte armutsgefährdet - sowie Alleinlebende, ob mit oder ohne Pension. Zum Vergleich: EU-weit drohen 17 Prozent der Frauen in manifeste Armut abzurutschen, bei den Männern sind es 15 Prozent.

Angesichts dieser Zahlen pochten Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und ihr Regierungskollege Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Donnerstag einmal mehr auf die verpflichtende Gehaltsoffenlegung für Betriebe, um die Einkommensungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu beseitigen. Dazu betonten die beiden SPÖ-Minister, dass Leistungen des Sozialstaates noch abmildernd wirken, sonst wäre statt jeder achten Frau gar jede vierte armutsgefährdet.

Die Grünen prangern in diesem Zusammenhang an, dass Frauen in Österreich bei der Notstandshilfe benachteiligt werden, weil rund 85 Prozent ihrer Anträge abgelehnt werden. Als einen der Hauptgründe für diese Diskriminierung machte die Abgeordnete Judith Schwendtner die Koppelung der Notstandshilfe an das Einkommen des Partners oder Lebensgefährten aus. Die Bestimmungen müssten "umgehend korrigiert" werden, forderte auch Herbert Kickl von der FPÖ.

Denn: Übersteigt das Partner-Einkommen nach Abzug bestimmter Freigrenzen den Anspruch (entspricht immer 95 Prozent des zuvor bezogenen Arbeitslosengeldes), so wird die Notstandshilfe entweder gekürzt oder gar nicht ausbezahlt - und zwar egal, ob gegenüber der Lebensgefährtin eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht oder nicht.

Neue Rechenart

Doch für das Sozialministerium kommt eine Entkoppelung derzeit nicht infrage, obwohl sich längst auch die SPÖ-Frauen dafür ausgesprochen haben. Die Argumentation Hundstorfers: Bereits in der mit 1. September geplanten Mindestsicherung seien Verbesserungen bei der Notstandshilfe enthalten. Demnach wird das Partner-Einkommen künftig erst angerechnet, wenn es rund 1100 Euro übersteigt. Allein für diese Maßnahme werde bereits ein Großteil der vom Bund bereitgestellten 120 bis 140 Millionen Euro verwendet, eine völlige Entkoppelung der Notstandshilfe vom Partner-Einkommen ist für Hundstorfer daher weder zielgerichtet noch finanzierbar. (APA, kmo, nw, DER STANDARD, Print, 13.3.2010)