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Rund 79 Mio. Menschen in der EU sind laut EU-Silc 2008 von Armut bedroht.

Foto: Martin Gerten / dpa

Wien - Das Verarmungsrisiko von Frauen ist in Österreich um ein Viertel höher als bei Männern. Darauf wies Christine Stelzer-Orthofer von der Johannes Kepler Universität Linz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien hin. Der Schlüssel gegen Armut sei Beschäftigung, meinte Sozialminister Rudolf Hundstorfer, außerdem verwies er auf Maßnahmen der Regierung wie die geplante Mindestsicherung. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek pochte auf die verpflichtende Gehaltsoffenlegung, um die Einkommensschere zu schließen.

Rund 79 Mio. Menschen in der EU seien laut EU-Silc 2008 von Armut bedroht, dies entspreche etwa 16 Prozent der Bevölkerung, meinte Stelzer-Orthofer. Frauen seien dabei mit rund 17 Prozent stärker armutsgefährdet als Männer (15 Prozent). In Österreich liegt die Quote bei rund 12,4 Prozent. In einer Gesamtschau der Jahre 2004 bis 2008 liege die Armutsgefährdungsquote von Frauen hierzulande bei 14 Prozent, bei Männern bei elf Prozent. Frauen hätten damit ein um rund 25 Prozent höheres Risiko als Männer, betonte Stelzer-Orthofer. Besonders betroffen seien Alleinerzieherinnen sowie alleinlebende Frauen mit und ohne Pension.

In Österreich schlechtere Rahmenbedingungen

Die sozialstaatlichen Leistungen würden abfedernd wirken, so wäre etwa das Risiko von Alleinerzieherinnen ohne diese Leistungen doppelt so hoch - verhindert werden könne Armut so aber nicht. Sozialleistungen seien primär am Erwerbseinkommen orientiert, und Frauen würden sich häufig um die Sorgearbeit, also etwa Kinderbetreuung oder Angehörigenpflege, kümmern. Für die Vereinbarkeit dieser Sorgearbeit mit Erwerbstätigkeit gebe es in Österreich aber schlechtere Rahmenbedingungen als in anderen Ländern, erklärte Stelzer-Orthofer. Weitere Probleme seien die Einkommensschere oder die hohe Teilzeitquote.

Wichtig wären beispielsweise ein Ausbau der Kinderbetreuung, die Verbesserung der Position von Frauen am Arbeitsmarkt und die Schließung der Einkommensschere. Heinisch-Hosek verwies darauf, dass die Regierung daran arbeite, dass Frauen adäquat bezahlt werden, etwa durch die verpflichtende Gehaltsoffenlegung in Betrieben, die auf einem "guten Weg" sei. Außerdem warnte die Frauenministerin vor Einsparungen bei Sozialleistungen, etwa bei der Möglichkeit für Alleinerziehende in Notlagen, das Kindergeld zwei Monate länger zu beziehen. Man wolle Frauen ein "selbstständiges Leben" ermöglichen.

Forderung der Grünen abgelehnt

Hundstorfer betonte, dass es im Rahmen der Mindestsicherung auch Verbesserungen bei der Berechnung der Notstandshilfe für jene geben werde, die "am wenigsten haben". Konkret soll die Nettoersatzrate bei Alleinerzieherinnen im Niedriglohnbereich von 52 auf 76 Prozent angehoben werden, bei alleinstehenden Frauen von 52 auf 57 Prozent. Das Partner-Einkommen soll künftig erst angerechnet werden, wenn es rund 1.100 Euro übersteigt. Eine Entkoppelung der Notstandshilfe vom Partner-Einkommen, wie es die Grünen am Donnerstag gefordert haben, kommt für Hundstorfer nicht infrage, denn dies sei weder zielgerichtet noch finanzierbar. (APA)