Blankes Unverständnis in den Augen von Laien - das ist Katja Sagerschnig nicht fremd, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Die Mathematikerin beschäftigt sich nämlich mit Differenzialgeometrie, genauer mit parabolischen Geometrien, im Speziellen mit "generische Rang-2-Distributionen". Immerhin: Selbst in Dimension fünf arbeitet die Wienerin vorwiegend mit Papier und Stift.

Die Theorie der parabolischen Geometrien ermöglicht es, viele verschiedene Strukturen auf einheitliche Weise mit algebraischen Methoden zu studieren. Ihr Fachgebiet Differenzialgeometrie unterscheidet sich jedoch fundamental von der Geometrie mit Winkeln und Kurven, die manch einer noch aus der Schule kennt. Ihre mathematischen Fragestellungen und Ergebnisse überschneiden sich mit physikalischen Forschungsbereichen wie dynamischen Systemen, der Kontroll- und der Relativitätstheorie.

Vermutlich kein Zufall, war doch Physikerin ihr erster Berufswunsch. Der Mathe-Schulstoff war für sie damals "nicht besonders spannend". Erst nach einigen Semestern Doppelstudium an der Uni Wien kristallierte sich ihre Liebe zur Mathematik heraus. Sie selbst hat als Forschungsassistentin an der Fakultät für Mathematik inzwischen einige Studierende in Tutorien und Lehrveranstaltungen angeleitet.

"Für meine Arbeit ist es wichtig, dass ich mich intensiv auf ein Problem konzentrieren kann und will. Manchmal versteht man einfach nichts. Gerade am Beginn meiner Dissertation war es schwierig für mich", erzählt die 31-Jährige. Aus so einer Blockade findet sie stets durch fachliche Gespräche wieder heraus. Ihr Einstieg ins Fachgebiet war eine jährliche "Winterschool" über Geometrie und Physik in Srní (Tschechien). Dort verstand sie von den Vorträgen auch nur wenig, wurde aber sehr gut betreut. Die dort geknüpften Denkknoten veranlassten Katja Sagerschnig jedenfalls, ihre Diplomarbeit über Differenzialgeometrie zu schreiben.

Eine Anstellung in einem FWF-Projekt während des Doktorats ermöglichte es ihr, sich vollständig auf ihre Arbeit zu konzentrieren und Fachkonferenzen zu besuchen. Derzeit verschafft ihr ein L'Oréal-Stipendium - vergeben von der Österreichischen Unesco-Kommission und Akademie der Wissenschaften, finanziert vom Wissenschaftsministerium - etwas Luft. So kann sie mit etwas mehr Muße Fragen aus der Dissertation abschließen und ein neues Projekt ausarbeiten.

Insgesamt war sie einen Monat unterwegs - zunächst auf einer Konferenz in San Francisco und dann an der University of Auckland (Neuseeland): "Es war ermutigend zu sehen, dass sich andere Kollegen dafür interessieren, was ich mache. Ich habe viele Anregungen bekommen und Kontakte nach Polen und Australien geknüpft", sagt Sagerschnig, die demnächst ein Auslandsstipendium beantragen möchte.

Ihre Beschreibung von Mathematik klingt wie die Entdeckung eines Kontinents: "Ich kann neue Dinge finden, Probleme lösen, darüber schreiben und vortragen, reisen und interessante Leute treffen." Wenn sie nicht gerade neue Denkpfade sucht, liest sie gern Krimis, geht ins Kino und in Ausstellungen oder verausgabt sich am Tennisplatz. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 17.03.2010)