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Transgenderpersonen werden öffentlich zunehmend akzeptiert - so wie auf diesem WC-Schild an den US-Uni Kent ersichtlich.

Foto: AP/Stahl

Wien - "Ich bin zutiefst erleichtert, dass die Sache ausgestanden ist. Und ich freue mich sehr über das Happy End", sagt Michaela P.. Vor wenigen Tagen ist der ehemaligen Geschäftsführerin eines multinationalen Unternehmens ein Bescheid aus dem Innenministerium zugestellt worden, der ihr Leben beträchtlich erleichtert. Und sie weiß noch von einer weiteren Betroffenen, die dieser Tage ein gleichlautendes Schriftstück erhalten hat.

Darin ist festgehalten, dass die als Mann geborene Transgenderperson jetzt endlich auch vor den Behörden jenem Geschlecht angehört, dem sie jeder, der sie trifft, aufgrund ihres Aussehens ohnehin zuordnet: dem weiblichen. Grundlage des Bescheids, laut dem P. jetzt auch laut Personenstandsregister eine Frau ist - und ihren Vornamen Michaela auch ganz offiziell führen darf -, ist ein Umdenken im zuständigen Innenministerium. "Die geschlechtsanpassende Operation ist nicht länger Voraussetzung für eine Personenstandsänderung vom einen zum anderen Geschlecht", erläutert Ministeriumssprecher Rudolf Gollia.

Besagtes Umdenken hatte eine beträchtliche Vorlaufzeit: Jahrelang hatte man im Innenressort auf dem Standpunkt beharrt, dass erst die chirurgische Entfernung von Hoden und Penis einen Mann zu einer Frau mache - und die Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken eine Frau zu einem Mann. Die sonstige "äußere Erscheinung" - Kleidung, Enthaarung, durch Hormonmedikamente erzielte körperliche Veränderungen sowie die Versicherung Betroffener, sich unwiderruflich als Person des anderen Geschlechts zu fühlen - wurde als "nicht ausreichend" abgetan.

Auch nach dem Kippen der diesbezüglichen ministeriellen Erlässe durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (siehe Wissen) hatte man im Ressort Maria Fekters auf der Vorausbedingung Operation bestanden - obwohl diese von immer mehr Betroffenen abgelehnt und in der Transgenderbewegung international schwer in Zweifel gezogen wird, wie Eva Fels, Obfrau des Vereins TransX, erläutert.

Im Kreis argumentiert 

Zuletzt hatte die ministerielle Argumentation begonnen, sich im Kreis zu drehen. Walter Grosinger, Vizeleiter der zuständigen Abteilung, hatte noch Ende Jänner im Standard-Gespräch darauf bestanden, "dass die Operation nötig ist, wenn man sich an den Wortlaut des VwGH-Erkenntnisses hält". Denn: "Dort steht, dass ein Gutachten erstellt werden muss." Und: "Im vorliegenden Fall Michaela P. ist der Gutachter zu dem Schluss gekommen, dass es ohne Operation nicht geht."

Daraufhin nahm sich die Volksanwaltschaft des Konflikts an - um laut Volksanwältin Terezija Stoisits zu prüfen, ob die vorenthaltene Personenstandsänderung "einen Missstand in der Verwaltung darstellt". Währenddessen unterbreitete Michaela P.s Anwalt Helmut Graupner die Sache erneut dem VwGH: "Der Spruch, der die Abkehr vom Operationszwang erneut bekräftigt hat, ist in Rekordtempo erfolgt - für das Ministerium diesmal offenbar überzeugend."

Graupner spricht von einem "großen Erfolg", doch Michaela P., die ihn als Betroffene mit errungen hat, blickt mit einer gewissen Bitterkeit auf die vergangenen vier Jahre zurück. Der Rechtsstreit hat sie 38.000 Euro gekostet - sowie den Job: Ende 2009 entzog ihr die Firma, bei der sie im Managementbereich leitend tätig war, das Vertrauen. Den Arbeitgebern sei ihre äußerliche Veränderung bei gleichbleibend männlichem Personenstand zunehmend inakzeptabel erschienen, vermutet sie.

Mehrere hundert Betroffene 

Ob eine Person vor den Behörden - und somit in ihren Dokumenten - als Mann oder als Frau gilt, entscheidet letztendlich die für Personenstandsfragen zuständige Abteilung im Innenministerium. Zur Transgenderfrage hatte sie auf der Grundlage zweier Erlässe aus den Jahren 2007 und 2009 darauf bestanden, dass geschlechtsanpassende Operationen für eine behördliche Geschlechtsänderung unverzichtbar sei: Zwei Verwaltungsgerichtshof- und ein Verfassungsgerichtshof-Urteil hatten bis vor kurzem nichts an dieser Haltung ändern können.

Schätzungen zufolge leben in Österreich mehrere hundert Transgenderpersonen. Anträge auf Personenstandswechsel sind selten: Zwischen 1 . Jänner und 31. Juli 2009 waren es 23, 16 davon wurden gewährt. (bri/DER STANDARD, Printausgabe 31.03.2010)