Schwingende Röcke über Petticoats, spitze BH-Brüste über Wespentaillen, Pferdeschwanz- und Dauerwellfrisuren, strahlende und saubere Gesichter. Und jede Menge Bildnisse glücklicher Frauen, glücklicher Männer und glücklicher Kinder. Geordnete Ordnungen. Heile Welt-Fantasien. Diese und ähnliche Bilder tun sich bei der Assoziation des Begriffs "50er-Jahre" vor dem inneren Auge auf. Doch was ist an diesen Vorstellungen dran, wie sah die Realität tatsächlich aus?

Foto: Wagner Werk

Die Ausstellung "Feminine Fitfies. Die Wirtschaftswunderfrauen", die im Wiener Wagner Werk noch bis 22. Mai 2010 zu sehen ist, versucht ein umfassendes Bild dieser Ära mit den typischen Rollenzuweisungen an die Frau der Nachkriegszeit zu zeichnen. Ein Vorhaben, das zum überwiegenden Teil als gelungen bezeichnet werden kann, indem die Kehrseite der glänzenden Medaille mit Begriffen der "Stagnation und der kleinbürgerlichen Idylle" benannt wird.

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Offen bleibt jedoch die Frage, warum diese Inhalte gerade jetzt in einer Ausstellung thematisiert werden. Die Schau stünde nicht im Zeichen der Wirtschaftskrise und sei auch nicht von dieser inspiriert worden, versicherten die Kuratorinnen Monika Wenzl-Bachmayer und Uta M. Matschiner. Es sollte auch nicht die Rolle der Frau denunziert, sondern gezeigt werden, "dass unsere Mütter und Großmütter die Wirtschaftswunder ihrer Männer erst möglich machten".

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Liebesdienste der "Nur"-Hausfrau
Als die Männer aus dem Krieg zurückgekehrt sind, wurden die Frauen, die sich und ihre Kinder währenddessen selbstständig versorgt und alle Tätigkeiten der Männer übernommen hatten, aus den meisten Positionen verdrängt und vor allem in eine Rolle gedrängt, die nie zuvor als für sich stehend existiert hat: die Hausfrau. Denn vor der Nazizeit, also bis in die 30er-Jahre hinein, war die Hausarbeit in bürgerlichen Kreisen bezahlte Erwerbsarbeit, die von Dienstmädchen verrichtet worden ist. Für die Proletarierin galt dies alles natürlich nicht, sie arbeitet bis zum heutigen Tag in den Familienaufgaben unentgeltlich. Wesentlich daran ist, dass diese als genuin weiblich ausgewiesene Gratisarbeit nun zum Liebesdienst erklärt worden ist. Nun war sowohl aus der Hausherrin als auch dem Dienstmädchen und jeder arbeitenden Frau die Hausfrau geworden.

Foto: Wagner Werk

Die neue Rolle der Frau als in erster Linie für das Wohl ihrer Liebsten Zuständige basierte auf ihrer ökonomischen Abhängigkeit, die bis zur Familienrechtsreform 1975 auch rechtlich definiert war. Wollte die Frau sich über Heim und Herd hinaus betätigen, musste sie die Erlaubnis ihres Mannes einholen. Sein Einverständnis samt Unterschrift benötigte sie auch bei Kontoeröffnungen, Belange die Kinder betreffend und vielen anderen Dingen des täglichen Lebens. Das Familienoberhaupt war unumstößlich männlich.

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Dieses Frauenleitbild der nicht erwerbstätigen häuslichen Frau und Mutter ist auch voll aufgegangen: 90 Prozent der zwischen 1930 und 1945 geborenen Frauen heirateten und realisierten dieses gesellschaftlich propagierte Ideal, zumindest nach außen hin. Die Mutter, Ehe- und Putzfrau war auch Zielscheibe der Werbung geworden, sowohl als Konsumentin als auch Werbeträgerin. Rationelle Haushaltsführung mit allerlei technischen Hilfsgeräten, Haushaltstipps und -bücher wurden vermarktet. Keine Frage, dass die Küche das "Reich der Frau" war, wie der Kurier 1950 auf seiner "Frauenseite" lakonisch anmerkte: "Ein Mann sollte niemals allzu sehr versuchen, der Frau die Arbeit in der Küche abzunehmen. Meistens hat dann die Hausfrau nachher noch mehr Arbeit als sonst".

Die Ausstellung ist in fünf Stationen gegliedert - "Frauen schaffen ein Heim", "Das Reich der Frau: die Küche", "Frauenbilder: Die ideale Schönheit", "Das Mädchen der 50er-Jahre und die Teenager-Kultur" und "Schlagerwelten als Sehnsuchtsprojektionen: Exotik und Fernweh" - die wir in den folgenden Bildern wiedergeben..

Foto: Wagner Werk

Frauen schaffen ein Heim
Zum Zentrum häuslicher Behaglichkeit, sozusagen zum "Herz" des gemütlichen Heims wurde das Wohnzimmer. Es war nicht mehr die "gute Stube", die alleine repräsentativen Zwecken diente, sondern das eigentliche Gemeinschaftszimmer der ganzen Familie. Hier hielt man sich in den freien Stunden auf, hier empfing man Besuch.
Die modernen Möbel waren hell und leicht, damit sie durch "optische Schwerelosigkeit die Wohnung weiten". Dies war gerade im sozialen, aber beengten Wohnungsbau wichtig. Die Möbel waren "mobil", d.h. die Frau konnte sie ohne fremde Hilfe umräumen und so der Wohnung mühelos "ein neues Gesicht gebe". Nierentisch und Tütenlampe" wurden zu Symbolen jener Zeit.

Foto: Wagner Werk

Das Reich der Frau: Die Küche
Fortschrittliche Küchenkonzeptionen aus den 20er-Jahren, wie beispielsweise Schütte-Lihotzkys "Frankfurter Küche", sahen die Küche als Ort notwendiger Funktionen, in der berufstätige gleichberechtigte Partner gemeinsam die notwendigen hauswirtschaftlichen Arbeiten teilten. Die Küche der 50er-Jahre hingegen ist als Vollarbeitsplatz der Frau konzipiert, mit genormten Möbeln, funktional angeordnet, verschieden kombinierbar und mit technischen Neuerungen, pastellfarbenen Flächen aus getöntem Kunststoff und Schiebetüren versehen.

Foto: Wagner Werk

Frauenbilder: Die ideale Schönheit
Auf dem Höhepunkt des Wirtschaftswunders entsteht ein mediales Bild einer Welt voller tadellos frisierter Frauen in beschwingter moderner Kleidung. Buchratgeber mit klingenden Titeln wie "Schön sein - Schön bleiben" oder "Die vollkommene Eva" erteilen Ratschläge, wie sich die Frau zu kleiden hat, welche Farben der Kleidung und Accessoires und welches Make-up sie zu welcher Haarfarbe tragen darf, wie oft, womit und wie sie ihre Körperpflege gestalten soll und wie sie ihre Körpersprache richtig einzusetzen hat. Wie der "ideale Körper" aussehen sollte, wurde den jungen Frauen der 50er Jahre in den sogenannten "Frauenbüchern" anhand von Maßtabellen mit "Idealmaßen" vermittelt.

Foto: Wagner Werk

Die Mädchen der 50er-Jahre und die "Teenager"-Kultur
In den Geschlechterbeziehungen kam etwas in Bewegung, woran die spätere Frauenbewegung anknüpfen konnte: die dienende Haltung der Mütter trug zur Entschlossenheit der Mädchen bei, es später "anders" zu machen. Eine Ehe bot letztlich keine sichere Lebensperspektive mehr. So kleinkariert und eng die Rollenerwartungen, auch an die heranwachsenden Frauen, noch zu Beginn des Jahrzehnts aussahen: in den Mädchenzimmern der 50er-Jahre wuchsen dennoch die rebellischen Frauen der 70er-Jahre heran.
Auch in der Mädchenmode bahnte sich eine Revolution an. Als die ersten jungen Frauen in Hosen die Schule betraten, gab es Verweise und Sanktionen. Dennoch: die Modeindustrie hatte die Zeichen der Zeit erkannt, und was Mitte der 50er Jahre noch skandalös war, gehörte am Ende des Jahrzehnts bereits zur Normalität. Zumindest den "Kleidungskampf" hatten die Mädchen der 50er Jahre schon gewonnen.

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Schlagerwelten als Sehnsuchtsprojektionen: Exotik und Fernweh
In die rasante Dynamik des beginnenden "Wirtschaftswunders" mischte sich die Sehnsucht nach glücklichen Gegenwelten. Diese fand beispielsweise ihren Ausdruck in den von Heim- und Fernweh verklärten Schlagern der Fünfziger:"Caprifischer", "Marina" oder "Ein Schiff wird kommen" spiegeln die Tagträume wider, die aus trister Alltagswirklichkeit entführten. In die Wohnungen zogen Dekorationsobjekte in Form von Keramikfiguren und Wandmasken ein. Die Masken und Figuren, die ExotInnen wiedergeben, waren in den Fünfzigern unabdinglich. Die Masken und Figuren zeigten Frauen und Mädchen, die Rock 'n' Roll tanzten, mit Petticoats oder "Capri"-Hosen bekleidet waren, einen Pferdeschwanz trugen und gymnastische Übungen mit dem Hula-Hoop-Reifen machten.

Foto: Wagner Werk

Ausstellung
FEMININE FIFTIES.
Die Wirtschaftswunderfrauen.
Noch bis 22. Mai 2010
Wagner: Werk Museum Postsparkasse
Mo - Fr 9 - 17 Uhr, Sa 10 - 17 Uhr
Georg Coch-Platz 2, 1018 Wien

Foto: Wagner Werk