Stockholm/Oslo - Eine "Quotenfrau" zu sein, die Beförderung nicht redlich verdient zu haben: Von diesem herabwürdigenden Komplex scheinen sich Frauen in Norwegens Aufsichtsräten seit der Einführung einer Quote Anfang 2008 immer weiter zu emanzipieren. "Qualifizierte Quotenfrau" zu sein sei schließlich um einiges redlicher, als jahrelang mit den Chefs Fußball zu spielen und dann in der Sauna beim Schwitzen Karrierepläne zu schmieden, unken die Norwegerinnen inzwischen selbstbewusst.

Ausgerechnet der damals bürgerliche Wirtschaftsminister Ansgar Gabrielsen drohte den Unternehmen bereits 2002 in einer Zeitung: "Wenn nicht mehr Frauen in die Aufsichtsräte kommen, werden wir sie gesetzlich dazu zwingen." Gesagt, getan. Ab 2006 bekamen die Unternehmen Gewissheit über das kommende, damals weltweit einmalige Gesetz. Ihm zufolge müssen börsennotierte Unternehmen ihre Aufsichtsräte zu möglichst gleichen Teilen aus Männern und Frauen zusammensetzen. In einem Aufsichtsgremium mit vier bis fünf Mitgliedern müssen von beiden Geschlechtern zwei VertreterInnen dabei sein. Ab zehn Mitgliedern gilt eine Quote von 40 Prozent je Geschlecht.

Die Regelung betraf über 520 private Aktiengesellschaften in Norwegen und den großen staatlichen Sektor. Das Gleichstellungsgesetz gewährte den Unternehmen eine Umstellungsfrist bis Ende 2007. Aktiengesellschaften, die ab 2008 die 40-Prozent-Quote nicht erfüllt hatten, sollten maximal zwei Mahnungen bekommen, danach würde die Aktiengesellschaft "zwangsaufgelöst".

Das Ergebnis: Zu Zwangsauflösungen kam es nicht. Aber der Frauenanteil in norwegischen Aufsichtsräten hat sich auf 44 Prozent mehr als verdoppelt. Die Quotenregelung ermögliche die Erneuerung und oft auch Verjüngerung der Führungsspitze, ohne interne Machtkämpfe ausstehen zu müssen, heißt es nun. (André Anwar/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.4. 2010)