Patty Chang (USA), Melons (At a Loss) 1998

Foto: Patty Chang (USA) Melons (At a Loss) 1998

Nezaket Ekici (Türkei/Deutschland), Veiling and Reveiling (2009)

Foto: Nezaket Ekici (Türkei/Deutschland) Veiling and Reveiling (2009)

Elodie Pong (Schweiz), Je suis une bombe (2006)

Foto: Elodie Pong (Schweiz) Je suis une bombe (2006)

"No more bad girls" in der Kunst. So lautet zumindest das Urteil so mancher "Diskursköniginnen", wie die Kuratorin Claudia Marion Stemberger die Kritikerinnen nennt. Stemberger bezieht sich damit auf den Einwand, dass es heutzutage zu unpolitisch, gar "sexy", auf Ausstellungen zuginge, die unter dem Label "Feminismus" laufen. So sprach die Kunsthistorikerin Edith Krebs in Zusammenhang mit der Ausstellung "Cooling Out" (2006 in Basel) von Positionen, die das "Etikett 'feministisch' wohl kaum für sich in Anspruch nehmen würden." Und anstelle "von politischem Engagement bot die Ausstellung einen historischen Spaziergang durch bekannte und weniger bekannte Positionen feministischer Kunst", so Krebs, der es summa summarum zu "idyllisch" zuging und die "harte Positionen" vermisste. Auch die Kunsttheoretikerin Bojana Pejic stellte sich anhand dreier Kataloge feministischer Ausstellungen ("WRACK! Art and the Feminist Revolution" 2007 im MOCA in L.A., "Global Feminism" 2007 im Brooklyn Museum in New York und "Gender Battle" 2007 in Santiago de Compostella) die Frage: "Warum ist Feminismus plötzlich so sexy?".

Feminismus als beliebtes Etikett

Für die Kuratorinnen Claudia Marion Stemberger und Kathrin Becker Grund genug diese Kritik einer Prüfung zu unterziehen. Die angebliche Entpolitisierung aktueller Positionen von jüngeren Künstlerinnen war der thematische Anstoß für die Ausstellung in der Kunsthalle Exnergasse. Zwar sieht auch Stemberger feministische Debatten bereits als "Etikett für Coffetable-Books" aufbereitet, sie interpretiert dies aber nicht nur als "Banalisierung einer politischen Bewegung", sondern das zeuge auch von einer Kanonisierung im Kunstbetrieb, so Stemberger im Katalog zu "No more bad girls?". 

Stemberger vermutet in den - selten wohlwollenden - Fragen nach dem poltischen Potenzial auch eine "Sackgasse interner, ethnozentrischer Interpretationshegemonien". Einer solch unreflektierten Vorherrschaft wollen die Kuratorinnen mit "No more bad girls?" eine Ausstellung entgegensetzen, die nicht nur die Diskriminierung von Frauen, sondern auch deren vielschichtige Lebensrealitäten in den Blick nehmen soll. So will "No more bad girls?" nicht nur Normierungen anhand der starren Identitätskategorie Mann/Frau thematisieren, sondern auch danach fragen, wie durch migrantische Lebenssituationen, die sexuelle Orientierung, die Religion, das Alter oder den sozialen Status diskriminierende Differenzen konstruiert werden.

Ethnische und soziale Stereotype

Die Ausstellung hat somit den Anspruch sowohl geschlechtsspezifische als auch ethnische und soziale Stereotype zu untergraben. So beschäftigt sich etwa Nezaket Ekici mit dem Thema Verschleierung und Entschleierung und kehrt in ihrem Video das nach außen, was eigentlich darunter bleiben soll: Nezaket Ekici zieht Strapse über einen Tschador an, den sie trägt. Auch unter Patty Changs BH verbirgt sich nicht das, was man erwarten würde. In ihrer Performance "Melons" ist Chang an ihrer Brust zugange, die sich nach einigen Messerstichen der Künstlerin als fruchtiges Substitut entlarvt. Nach und nach löffelt sie ihre Melonen-Brust aus, während sie von einer Verwandten mit Brustkrebs erzählt. Elodie Pong beschäftigt sich in ihrer Videoarbeit "Je suis une bombe", die einen um eine Stange tanzenden Pandabären zeigt, mit ambivalenten Ohnmachts- und Machtgefühlen der heutigen Frauengeneration.

Insgesamt 18 Künstlerinnen sind in der Ausstellung vertreten, die besonders international angelegt ist. Die Künstlerinnen kommen beispielsweise aus Guatemala, Indonesien, Estland oder Pakistan. Der Frage nach der gesellschaftspolitischen Schärfe der Ausstellung kann frau sich von 7. Mai bis 11. Juni widmen. (beaha, dieStandard, 28.4.2010)