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Oh Eun-sun (44), die erste Frau auf allen 14 Achttausendern.

Foto: Reuters/YONHAP

Sie hat als Einzige nie bestritten, dass es sich um einen Wettlauf handelt. Und so legte Oh Eun-sun aus Namwon im Südwesten Südkoreas das Unterfangen, als erste Frau alle 14 mehr als 8000 Meter hohen Berge zu besteigen, auch an.

Mit gewaltigem Aufwand und quasi in affenartiger Geschwindigkeit hat es die 44-Jährige vorangetrieben und schließlich am Dienstag mit der Besteigung der 8091 Meter hohen Annapurna in Nepal einer Erledigung zugeführt. Fast 24 Jahre zuvor, am 16. Oktober 1986, war dem Südtiroler Reinhold Messner dieses Kunststück mit der abschließenden Besteigung des Lhotse als erstem Mann geglückt.

Halb Südkorea war via TV live dabei bei der Krönung der zweiten Eisprinzessin des Landes nach Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Kim Yun-na. Makellos wie deren Triumph im Februar in Vancouver war jener Oh Eun-suns nicht. Im Gegensatz zur Oberösterreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, die bei zwölf Achttausendern hält und gerade den Mount Everest belagert, aber auch zur Italienerin Nives Meroi (11) und zur Baskin Edurne Pasaban (13), die zuletzt die schärfste Verfolgerin war, nahm die 1,54 Meter hohe und 50 Kilogramm schwere Koreanerin alle möglichen Hilfsmittel in Anspruch. Sie ließ sich in die Basislager fliegen, Aufstiege spuren, Fixseile setzen und ausgiebig von Höhenträgern unterstützen. Und sie labte sich - in den Augen der Puristen besonders verwerflich - an Sauerstoff aus Flaschen. Zumindest für ihre Erfolge auf dem Mount Everest und auf dem K2 hat Oh Eun-sun dies auch eingestanden.

Der größte Makel ih-rer Besteigungsserie, die nach vier Achttausendern in den zehn Jahren davor erst 2007 so richtig anhob, ist aber jenes Bild vom 6. Mai des Vorjahres, das sie auf dem Gipfel des 8586 Meter hohen Kangchendzönga zeigen soll - bis zur Unkenntlichkeit vermummt. Nicht nur Kollegin Pasaban, die den dritthöchsten Berg der Erde wenige Tage später erreicht hatte und beim Abstieg beinahe gestorben wäre, zweifelt heftig an Ohs Erfolg am "Kantsch".

Im Gegensatz zur Nachrede war Geld nie das Problem der ledigen Extremsportlerin Oh Eun-sun, die Dschingis Khan ihr Idol nennt. Der Staat unterstützte ihre Expeditionen großzügig. Nun winken wirklich viele Won - durch Sponsoren, Buchprojekte und Vorträge. Im Leben von Oh Eun-sun sollen die Berge auch so weiterhin die Hauptrolle spielen. "Ihnen zu begegnen ist wie die Begegnung mit einem Verlobten", sagt sie. (Sigi Lützow/DER STANDARD, Printausgabe 28.03.2010)