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Neben den über 7.000 derzeit abrufbaren Biographien und Kurzlebensläufen sind insgesamt mehr als 30.000 Frauenleben aller Epochen und Länder offline in der FemBio-Datenbank dokumentiert.

Neben 250 ausführlich recherchierten Biographien finden sich auf der Website auch viele Kurzlebensläufe, jeweils ergänzt durch praktische Links zu weiterführenden Seiten. Ungewohnt und originell sind die Suchkriterien, nach denen man die Datenbank durchforsten kann, als zusätzliches Service gibt es eine englische Version der Seite.

Screenshot: www.fembio.org

Linda McCartney liebte Katzen, Emily Bronte war Vegetarierin und Bette Davis galt als "Rabenmutter". Wer wenig bekannte Details über das Leben bedeutender Frauen sucht, wird auf www.fembio.org rasch fündig: Die weltweit größte Datenbank mit Frauenbiographien umfasst Informationen zu derzeit 7414 Persönlichkeiten aus Geschichte und Gegenwart - darunter 36 die im Kindbett starben, 12 die denselben Mann mehrmals heirateten, 284 Emigrantinnen, 79 Mütter berühmter Frauen, und, und, und. "Ein gewöhnliches Lexikon informiert nicht darüber, wie diese Frauen wirklich gelebt haben", sagt FemBio-Gründerin und Sprachwissenschafterin Luise F. Pusch. Wenn etwa große Frauen von Männern behindert, benachteiligt oder gar ermordet wurden, so erfahren Sie das in anderen Quellen meist nicht. In einer FemBiographie werden aber solche Fakten genauso wichtig genommen wie alle anderen."

Die 2001 mit dem Institut für Frauenbiographieforschung in Hannover gegründete, kostenlose Datenbank verzeichnet derzeit 3000 BesucherInnen pro Tag und ist ein Folgeprodukt des Suhrkamp-Taschenkalenders "Berühmte Frauen", mit dem Luise Pusch seit 1988 mehr als 10.000 Frauen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt hat. Neben den über 7.000 derzeit abrufbaren Biographien und Lebensläufen sind insgesamt mehr als 30.000 Frauenleben aller Epochen und Länder offline in der Datenbank dokumentiert, basierend auf der umfassenden Datensammlung der Gründerin. "Ich möchte Frauen damit eine Infrastruktur liefern, um bedeutende Frauen bekannt und im Alltag präsent zu machen", schildert Pusch ihre Beweggründe im Gespräch mit dieStandard.at. "Es soll ein Grundstein sein, damit andere vorwärtskommen, wie in einem unerschlossenen Land, in dem man die Straßen erst bauen muss."

"Es gibt ja keine bedeutenden Frauen"

Mit ihren Recherchen begann Pusch 1982, als sich Frauen darüber beklagten, dass "immer nur die Männer gefeiert werden". Es war das Jubiläumsjahr von Goethe und James Joyce - von weiblichen Jubilarinnen sprach niemand. "'Wir würden gerne an bedeutende Frauen erinnern, aber es gibt ja keine'", bekam die Sprachwissenschafterin zu hören. So begann sie zu suchen, Biografien zu lesen und sämtliche Bände von Meyers Lexikon zu durchforsten: Neben 100.000 Männern fand sie dort 2.000 Frauen, aber selbst die wurden nirgendwo öffentlich präsentiert. Als sie sechs Jahre später FreundInnen von ihrem Kalenderprojekt erzählte, glaubten diese noch immer: "Es ist unmöglich, für jeden Tag eine berühmte Frauen zu finden, es gibt doch nur drei: Marie Curie, Maria Callas und Queen Elizabeth."

Neben 250 ausführlich recherchierten Biographien finden sich auf der Website auch viele Kurzlebensläufe, jeweils ergänzt durch praktische Links zu weiterführenden Seiten. Auf der Startseite präsentiert FemBio jeweils die "Frau(en) der Woche", daneben finden sich Buchbesprechungen, Musik-, Film- und TV-Tipps. Besonders gefragt, so Pusch, ist die Funktion "Gedenktage", die tagesaktuell Geburts- und Todestage bedeutender Frauen auflistet. "Vor allem Medien und Verlage nutzen dieses Service als Vorausabfrage für kommende Jubiläen, es werden aber auch Geburtstage von Freunden und Verwandten eingegeben, um ein Buch, eine Platte oder CD einer Frau zu verschenken, die am gleichen Tag geboren wurde."

"Suche Pferdeliebhaberin"

Ungewohnt und originell sind die Suchkriterien, nach denen man die Datenbank durchforsten kann: Neben den üblichen Optionen wie Name, Geburts- oder Todestag, Nationalität, usw. kann man zusätzlich etwa nach Aussehen ("ungewöhnlich klein, groß, ...") oder Krankheiten ("Kinderlähmung", "alkoholkrank", ...) suchen, nach Geschwisterreihe ("Einzelkind", "jüngstes Kind", ...) oder so persönlichen Details wie Tiere ("Hundefreundin", "Pferdefreundin", ...), Finanzen ("Kindheit in Armut", "Armut im Alter", ...) oder Selbstmord in der Familie ("Vater, Tochter, ... beging Selbstmord"). "In den 25 Jahren, die ich bereits Biografien lese, habe ich anekdotisch 250 verschiedene Parameter zu den Frauen in der Datenbank notiert; einige davon sind in die Suchkriterien eingeflossen", erklärt Pusch. "Das ist zum Beispiel für Personen, die ein spezielles Buchprojekt, etwa zu Vegetarierinnen, planen, besonders nützlich."

SponsorInnen gesucht

Anfragen erhält Luise Pusch laufend aus aller Welt. Als zusätzliches Service gibt es deshalb auch eine englische Version der Seite. Für die Vervollständigung werden allerdings noch SponsorInnengelder gesucht. Die sind generell sehr willkommen, finanziert sich das als gemeinnütziger Verein organisierte Institut doch neben den Beiträgen der 30 Mitglieder vor allem durch Fördermittel und Anzeigen. Stiftungen und Frauenbeauftragte sponsern zum Beispiel "Biographie-Specials" zu berühmten Frauen aus ihrer Stadt, deren Inhalte sie etwa als Basis für feministische Stadtführungen nutzen.

Unter der Rubrik "Specials" kann man die gesammelten Werke von Celle bis Zürich abrufen, ergänzt durch Schwerpunkte wie "Europäische Jüdinnen", "Pionierinnen der Frauenbewegung" oder "Berühmte Frauen berühmter Männer". Aber auch Einzelbiographien können gegen Sponsoring in Auftrag gegeben werden bzw. kann frau auch neben einer bereits existierenden Biographie auf die eigene Homepage verlinken oder sich namentlich erwähnen lassen.

Zu hundert Prozent von Frauenhand

Die größte Konkurrenz von FemBio im Internet ist Wikipedia, sagt Pusch: "Was uns aber massiv unterscheidet ist, dass unsere Biographien zu hundert Prozent von Frauen gemacht, sehr gut recherchiert und geschrieben sind und einen starken feministischen Anspruch haben."

Die tausenden Beiträge hat Luise Pusch mit Unterstützung einer Mitarbeiterin zum Großteil selbst in die Datenbank eingespeist, technisch steht ihr seit vier Jahren eine "Web-Frau" zur Seite. Daneben hat der Verein eine Fülle von Autorinnen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen zur Hand. Pusch selbst arbeitet, wie sie selbst sagt, unter "massiver Selbstausbeutung", was sie für die positive Entwicklung ihres "Babys" jedoch in Kauf nimmt. Zu sehen, wie ihr Projekt immer größer und bekannter wird, bereitet ihr große Freude: "Es wächst mir zwar manchmal über den Kopf - aber es wächst!" (isa/dieStandard.at, 29.4.2010)