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Erneut im Interesse der Öffentlichkeit: die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann.

Foto: APA/Angelika Warmuth

München - Das runde Jubiläum der Anti-Baby-Pille wurde auch Thema im  Dialog zwischen den beiden großen Kirchen in Deutschland. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, widersprach Äußerungen der evangelischen Pastorin Margot Käßmann, die beim 2. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München die vor 50 Jahren erfundene Pille als "ein Geschenk Gottes" gelobt hatte. Zollitsch dagegen verteidigte am Samstag die ablehnende Haltung der katholischen Kirche gegenüber die Empfängnisverhütung.

Katholische Klarstellung

Die Pille sei von Menschen gemacht und nicht von Gott in die Welt geschickt worden, sagte Zollitsch bei der Pressekonferenz zur ÖKT-Bilanz. "Da möchte ich Frau Käßmann entschieden widersprechen." Die katholische Lehre in diesen Dingen sei klar. "Es bedarf keines weiteren Kommentars."

Sexualität kommt von Gott

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, entgegnete: natürlich sei die Pille von Menschen entwickelt und nicht von Gott in die Welt gebracht worden. "Aber von Gott ist die Sexualität. Und die Sexualität ist eine der guten Gaben Gottes." Deshalb sei alles zu begrüßen, was geeignet sei, Sexualität verantwortlich zu leben.

Der Vorsitzende des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Alois Glück, hatte Käßmanns-Pillen-Lob zuvor als "unproblematisch" kommentiert. In der Bewertung Pille dächten viele katholische Frauen wie die evangelische Ex-Bischöfin, sagte Glück am Freitag in der ARD. Er denke, dass 90 Prozent der Katholikinnen "in dem Zusammenhang von der Sache her genauso reagieren und sich so verhalten". Es gebe in der katholischen Kirche in einigen Punkten eine Diskrepanz zwischen offizieller Lehrmeinung und dem, "was die allermeisten Seelsorger vertreten und dem, was von Katholiken gelebt wird".

Hintergrund

Papst Paul VI. hatte 1968 mit der Enzyklika "Humanae Vitae" international heftige Proteste hervorgerufen, als er darin der künstlichen Empfängnisverhütung, die sich damals durch die Anti-Baby-Pille in der westlichen Gesellschaft gerade stark ausbreitete, eine Absage erteilte. Ohne die Pille explizit zu erwähnen, bestätigte die Enzyklika die kirchliche Lehre, wonach die künstliche Empfängnisverhütung der Würde des Menschen und des menschlichen Sexualaktes widerspreche und daher nicht zulässig sei. Nach der Lehre der katholischen Kirche muss jeder Geschlechtsakt prinzipiell "offen für das Leben bleiben"; gleichzeitig ist es aber gestattet, durch Abstinenz während der fruchtbaren Zeiten der Frau ("Natürliche Empfängnisregelung", NER) die Anzahl der geborenen Kinder zu kontrollieren. (APA)