Etwa einhundert Leute waren trotz Regen gekommen.

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Organisatorin Lilly Black möchte nicht in die Öffentlichkeit - aber für Öffentlichkeit sorgen.

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Julian Wiehl von dem Szene-Portal Vangardist.

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Küssen gegen Homophobie.

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Zehn Minuten lang küssten sich die Teilnehmer des Flashmobs.

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"Wir fordern unser Recht auf Sicherheit", so begründet Lilly Black den Flashmob "Küssen gegen Homophobie" im Museumsquartier. Am Mittwoch um Punkt 18:00 Uhr trafen sich, trotz andauernden Nieselregens, etwa einhundert Leute, um auf Gewalt gegen Homosexuelle aufmerksam zu machen, ganz gewaltfrei, nur durch Küsse. Der Grund für die Aktion, die sich über Facebook formierte, war ein Vorfall am 29. Mai diesen Jahres, als ein schwules Paar im Museumsquartier zusammengeschlagen wurde, weil sie Händchen hielten.

Organisatorin fast selbst Opfer eines Übergriffs

"Ich habe von dem Vorfall aus dem Szene-Onlinemagazin Vangardist erfahren und der Artikel hat mich berührt aber auch verängstigt", erzählt die 25-jährige Black. Es hätte sie daran erinnert, dass ihr selbst vor fünf Jahren beinahe ähnliches passiert wäre: "Damals stand ich nach einer Party am Praterstern in Wien bei der U-Bahn und wartete mit einem Mädchen. Wir haben uns geküsst und das hat offensichtlich eine Gruppe junger Männer gestört", sagt Black. Die Männer wären daraufhin zu den Mädchen gegangen und hätten sie beschimpft und anzügliche Bemerkungen gemacht. "Ich dachte nur: Jetzt wird es gleich krachen. Aber dann ist zum Glück die U-Bahn gekommen".

Vorbild: Kiss-In in einem Lokal

Mit dem Flashmob möchte Lilly Black jetzt ein Zeichen setzen: "Ich will zeigen, dass sofort mindestens zehn andere aufstehen und sich für jemanden einsetzen, wenn einem von uns etwas passiert." Die Idee zu dem Kiss-In kam der gebürtigen Steierin nachdem sie an einer ähnlichen Veranstaltung in einem Lokal, in dem ein homosexuelles Paar belästigt wurde, teilgenommen hatte. "Ich habe dann die Aktion in Facebook gepostet und eigentlich nur an zwanzig bis dreißig Bekannte verschickt. Aber binnen kurzer Zeit ging die Zahl der Teilnehmer rasant hinauf." Am Schluss hatte das "Kiss-In" dann über 400 bestätigte Gäste. Dass im Endeffekt "nur" einhundert ins Museumsquartier kamen, schiebt Black auf das schlechte Wetter.

Auch Vertreter von Szene-Portal Vangardist dabei

Unter den Teilnehmern befindet sich auch Julian Wiehl, der den Artikel über die Attacke im MQ für Vangardist geschrieben hat. Er findet das Küssen gegen Homophobie eine gute Aktion: "Genau so stelle ich mir Demokratie vor." Das schlechte Wetter dürfe dabei keine Ausrede sein, nicht zu kommen, denn "wenn solche Bewegungen von Bequemlichkeit abhängen, dann können wir sowieso nur noch an den lieben Gott glauben", sagt Wiehl und muss lachen. Das Opfer des Angriffs Ende Mai war einer seiner Freunde und er zeigte sich besonders erschüttert, dass so ein Vorfall gerade im Museumsquartier passiert ist.

"Da darf man nicht zuhause bleiben"

Patrick, 22 Jahre alt, ist zu dem Flashmob mit einer Freundin gekommen: "Ich möchte da heute auf jeden Fall dabei sein. Das was dem Opfer damals passiert ist, finde ich schlimm und kann es gar nicht glauben." Auch Mike und Benjamin küssten sich, um ein Zeichen zu setzen: "Bei so einer Aktion muss man einfach dabei sein, da darf niemand zuhause bleiben." Kurz vor 18:00 Uhr zählt eine Freundin der Organisatorin den Countdown und tatsächlich: zehn Minuten lang küssen sich homo- und heterosexuelle Paare im Innenhof des MQ. Lilly Black, die den Flashmob auf Video aufzeichnet, kann nicht aufhören immer wieder "Ja, küsst euch Leute" oder "Das ist ein Wahnsinn wie viele Menschen tatsächlich gekommen sind" zu murmeln. 

Um viertel sieben löst sich die Menschentraube rund um den Haupteingang wieder auf und auch Lilly Black holt sich einen Kuss von ihrer Freundin. Das Opfer der Attacke hat sie noch nicht kennengelernt, obwohl "ich das wirklich gerne machen würde." Angeblich befand sich der junge Mann aber unter den Teilnehmern des Flashmobs. (Bianca Blei/dieStandard.at/17. 06. 2010)