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Durch polizeiliche Wegweisung können AbtreibungsgegnerInnen vor Ambulatorien nicht mehr Protestieren.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - "Zum ersten Mal", sagt Christian Fiala, "können die Frauen zu uns kommen, ohne psychische Übergriffe von religiösen Fanatikern zu erleben." Der Gynäkologe und Leiter des Gynmed-Ambulatoriums am Mariahilfer Gürtel spricht sogar von einem "Meilenstein". Ermöglicht hat dies eine Novelle des Wiener Landessicherheitsgesetzes, die seit 5. Juni in Kraft ist. Bereits bisher konnten militante AbtreibungsgegnerInnen weggewiesen werden, eine Maßnahme, die sich als zahnlos erwies, "denn die waren zwei Minuten später wieder da", sagt Christian Fiala.

Wegweisungen durch die Polizei wurden daher von den Ambulatorien kaum noch veranlasst. Fiala engagierte stattdessen SchauspielerInnen, die sich vor die AbtreibungsgegnerInnen stellten und ihnen stundenlang in die Augen schauten oder ihnen ununterbrochen die Info-Broschüre von Gynmed vorgelesen haben.

Zwölf Stunden weggewiesen

"Nun kann auch ein Rückkehrverbot ausgesprochen werden", erläutert Peter Goldgruber, Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung der Wiener Polizei. Wer innerhalb von zwölf Stunden nach der Wegweisung zurückkommt, muss außerdem mit einer Verwaltungsstrafe rechnen. Beim erstmaligen Verstoß, so Goldgruber, betrage die Strafe zwischen 100 und 200 Euro. Wer die 150-Meter-Zone zum Ort, von dem er weggewiesen wurde, wiederholt nicht einhält, muss bis zu 700 Euro zahlen.

Vor Gynmed standen täglich vier bis fünf AbtreibungsgegnerInnen, die Frauen auf dem Weg ins Ambulatorium ansprachen und ihnen Plastikföten, Folder und Rosenkränze in die Hand zu drücken versuchten.

Am Montag hat Fiala wieder einmal die Polizei eingeschaltet. Die AktivistInnen weichen seither aus - und stehen auf der anderen Seite des Gürtels. "Mit dem geänderten Landessicherheitsgesetz gibt es nun erstmals in Wien eine wirksame juristische Maßnahme, um Frauen vor religiösen Fanatikern zu schützen", sagt Fiala, der sich eine bundesweite Regelung wünscht.

Elke Graf, die Geschäftsführerin des pro:woman-Ambulatoriums möchte sich demnächst mit der Polizei zusammensetzen. Auch vor der Einrichtung auf dem Fleischmarkt im 1. Bezirk werden Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, seit ihrem Bestehen von AbtreibungsgegnerInnen belästigt.
Als vorigen September die Stadt Wien zu einer Feier anlässlich des 30-jährigen Bestehens von pro:woman eingeladen hat, riefen Abtreibungsgegner zur Demo auf dem Wiener Rathausplatz. Was als kleine Feier geplant war, endete schließlich in Protesten und einer Gegendemonstration.

Losgetreten worden war die Diskussion, als Kardinal Christoph Schönborn Bürgermeister Michael Häupl (SP) in einem Brief aufforderte, die Veranstaltung abzusagen. Der Empfang wurde schließlich aus "technischen Gründen", wie es damals im Bürgermeister-Büro hieß, vom Stadtsenatssitzungssaal in den Rathauskeller verlegt. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7. 2010)