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Nikabträgerin im französischen Nantes - eine von etwa 2000 in ganz Frankreich.

Foto: APA/EPA/FRANCK DUBRAY

Monatelange Diskussionen fanden am Dienstag ihr Ende. In Frankreichs Nationalversammlung stimmte eine große Mehrheit für ein völliges Verbot der Ganzkörperverschleierung. Vor allem die bürgerliche "Union für eine Volksbewegung" (UMP), aber auch sozialistische Frauenrechtlerinnen, sprachen sich für den Vorschlag der Regierung von Präsident Nicholas Sarkozy aus.

Das Gesetz enthält keinerlei religiösen Bezug und untersagt generell die "Gesichtsverhüllung". Einzig die Parlamentsdebatte machte klar, dass islamische Verhüllungsarten wie Nikab, Burka oder Tschador anvisiert sind. Die Verhüllung wird nicht nur aus den öffentlichen Gebäuden, sondern umfassend verbannt - also auch von der Straße. Bei Zuwiderhandlung kann die Polizei eine Buße von 150 Euro oder einen "Bürgerkurs" anordnen.

Bedeutend härter angefasst werden etwa Ehemänner oder andere, die eine Frau zum Überziehen des Schleiers zwingen: Ihnen drohen Haft bis zu einem Jahr und 30.000 Euro Bußgeld. Eine Zustimmung des konservativ dominierten Senats gilt ebenfalls als wahrscheinlich.

Die Linksopposition boykottierte die Abstimmung in der Nationalversammlung. Die Sozialisten (PS) sind nicht an sich gegen das Verbot, halten die repressive Maßnahme aber für ungenügend und populistisch. Präsident Nicolas Sarkozy täte besser daran, die soziale Lage in den Banlieue-Vorstädten zu entschärfen und die Lage islamischer Frauen zu verbessern, sagte PS-Chefin Martine Aubry.

Höchstgericht entscheidet

Nach Meinung von ExpertInnen könnte das Verbot vom Verfassungsgericht umgestoßen werden, sobald die erste Strafe verhängt ist und die Verurteilten berufen. Um dem zuvorzukommen, kündigte die UMP bereits an, die VerfassungsrichterInnen selbst um ein Urteil zu bitten. Frankreich ist nach Belgien erst das zweite Land Europas, das ein Schleierverbot einführt. Laut Schätzungen verschleiern rund 2000 Frauen in Frankreich ihr Gesicht, was nur 0,05 Prozent der Musliminnen Frankreichs entspricht. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.7.2010)