Am wenigsten verdienen deutsche ArbeitnehmerInnen in der - weiblich dominierten - Sparte Wäscherei.

Foto: Andy Urban

Duisburg-Essen - In Deutschland erhält jede/r fünfte ArbeiterIn nur einen Niedriglohn. Rund 20,7 Prozent der Beschäftigten erhielten 2008 ein Gehalt unterhalb der Niedriglohn-Schwelle der Industrienationen. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen.

Insgesamt 6,55 Millionen deutsche ArbeitnehmerInnen sind im Niedriglohn-Sektor tätig - so viele wie nie zuvor. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Zahl der Niedriglohn-EmpfängerInnen um 2,3 Millionen, wie die am Dienstag veröffentlichte Studie weiter zeigt.

Betroffene Gruppen

Im Untersuchungszeitraum von 1995 bis 2008 stieg der der Anteil der Niedriglohn-EmpfängerInnen in Deutschland von 14,7 Prozent auf 20,7 Prozent. Seit 2006 stagniert der Anteil zwar bei knapp einem Fünftel aller Beschäftigten. Die Zahl der Niedriglohn-BezieherInnen wuchs zuletzt aber weiter, weil der Beschäftigungsgrad insgesamt stieg. Besonders stark von Niedriglöhnen betroffen sind junge Beschäftigte unter 25 Jahren, AusländerInnen, gering Qualifizierte, befristet Beschäftigte und Frauen.

Deutschland trauriger Spitzenreiter

Die IAQ-Studie orientiert sich an der Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach betragen Niedriglöhne weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohns in einem Land. In Westdeutschland liegt die Schwelle bei 9,50 Euro, in Ostdeutschland bei 6,87 Euro.

In anderen europäischen Ländern war der Niedriglohn-Anteil in den vergangenen Jahren deutlich geringer. In Frankreich bezogen im Jahr 2005 rund 11,1 Prozent der Beschäftigten einen Niedriglohn. In Dänemark liegt der Niedriglohn-Anteil bei 8,5 Prozent.

Kein anderes Land habe in den vergangenen Jahren ein derartiges Wachstum des Niedriglohn-Sektors erlebt wie Deutschland, sagten die AutorInnen der Studie. 3,6 Prozent der Betroffenen erhielten sogar "extreme Niedriglöhne" von unter fünf Euro je Stunde, weitere 6,7 Prozent verdienten weniger als sechs Euro.

Gesetzlicher Mindestlohn

In den meisten EU-Ländern wären solchen Vergütungen gemäß den AutorInnen unzulässig. Deren gesetzliche Mindestlöhne betragen zwischen 40,5 Prozent und 62,7 Prozent des Vollzeit-Stundenlohns. So liegen in den Niederlanden, Belgien, Irland, Frankreich und Luxemburg die Lohn-Untergrenzen zwischen 8,41 Euro und 9,73 Euro.

Würde sich Deutschland an dieser Spanne orientieren, müsste ein Mindestlohn zwischen 5,93 Euro und 9,18 Euro eingeführt werden, erklärten die WissenschafterInnen. Derzeit gibt es Untergrenzen nur in einzelnen Branchen. Der tiefste Mindestlohn gilt für Großwäschereien: 7,65 Euro in Westdeutschland und 6,50 Euro in Ostdeutschland. (APA/Ag.)