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Ein Medien-Phänomen nicht nur in den USA, wo es schon so einige "Beauty-OP"-Shows wie "Extreme Makeover", "The Swan", "I Want a Famous Face" oder "Addicted to Beauty" gab: In der chinesischen Reality-TV-Show "Lovely Cinderella" werden jugendliche Träume von Schönheit wahr - oder, wie ExpertInnen kritisieren, - erst erzeugt.

Foto: APA/AP/Elizabeth Dalziel

Zürich/Berlin - TV-Shows über Schönheitsoperationen haben enormen Einfluss auf Jugendliche und deren Körperbild. Das haben PsychologInnen der Rutgers-Camden University nun in der Untersuchung von 200 StudentInnen gezeigt. Die Rückmeldungen auf das Ansehen dieser Sendeformate lauteten zum Schrecken der ForscherInnen oft: "Inspirierend" oder "Ich sah, wie sich ein unglückliches Mädchen ihren Traum erfüllte."

Stärkere Wirkmacht auf Mädchen

Das Forscher-Ehepaar Charlotte Markey und Patrick Markey sieht dies als Alarmzeichen, denn: "Es gibt keinen Nachweis, dass kosmetische Chirurgie Jugendliche glücklicher macht." Zudem bestätigte die Untersuchung die Annahme, dass sich vor allem junge Frauen durch die Formate beeindrucken lassen. Sie würden mit der Botschaft gefüttert, dass sie etwas an sich machen lassen müssten, damit sie "passen": Deshalb sei es laut Charlotte Markey wichtig, Kindern schon früh beizubringen, dass sie liebenswert sind, so wie sie sind.

Realitätsfern

"Reality-TV hat den Andrang von Jugendlichen für Schönheits-OPs erhöht", kritisiert auch Albert Hofmann von der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). "Brust- und Nasen-OPs langweilen heute, deshalb setzt man auf Sensationsgeschichten, die aus dem Nichts eine Prinzessin oder ein Prinz entstehen lassen. Was hier gezeigt wird, hat jedoch überhaupt nichts mit Realität zu tun", so der Mediziner.

Falsch ist dieses Bild für Hofmann deshalb, da Schönheits-OPs kein Friseursbesuch sind, sondern schwere Körperverletzungen, deren Narben mitunter lebenslang entstellen. Jugendliche hätten davon keine Vorstellung. "Zudem führt in die Irre, dass die Teilnehmer dieser Shows zuvor im Trainingsanzug, im 'Nachher'-Bild aber stets nach der Einkleidung durch Modeberater sowie nach Profi-Behandlung von Frisur und Make-Up dargestellt werden. Das ist in der Show, jedoch nicht im Alltag möglich."

Mitschuld der MedizinerInnen

"Jugendliche haben es nicht nötig, ihren Körper chirurgisch zu verändern", so das Credo des Experten. Immer wieder würden sie daher von ChirurgInnen nach einem aufklärenden Gespräch auch abgewiesen. Doch nicht alle nähmen es genau mit der Ethik. "Bei manchen Kollegen ist der Patient kein Mensch, sondern Kunde. Jugendliche sind für kommerziell ausgerichtete Kliniken lukrativ, da man länger und bereitwilliger wiederkommt, wenn man schon früh in das Fahrwasser der Schönheits-OPs kommt", kritisiert der Experte. Die Teilnahme an derartigen Reality-Shows sei nicht mit dem Berufsverständnis einer/s Medizinerin/s vereinbar. "Wer als Arzt mitmacht, macht sich mitschuldig."

Medienvorbilder

Dass Jugendliche die Inhalte der TV-Formate übernehmen, erklärt der Züricher Medienwirkungsforscher Heinz Bonfadelli mit der sogenannten Kultivierungsthese. Fernsehen liefert demnach Vorstellungen für das eigene Leben - und auch für den Körper. "Das betrifft vor allem den Schönheitswahn sowie die Schlankheitsvorstellungen von Frauen und Männern." Etwas weniger direkt als in Reality-Shows, jedoch ebenso wirksam vermitteln dieselbe Botschaft laut dem Experten auch Formate wie Superstar, Top-Model oder diverse MTV-Shows.

Mehr Sensibilität

"Schönheits-OP-Shows bewegen sich in einem Graubereich", so Bonfadelli. Plastische Chirurgen dürfen als ÄrztInnen in vielen Ländern keine direkte Werbung machen, dennoch suchen sie vereinzelt sehr gezielt nach Medienpräsenz. Dass viele Medien - besonders von Anzeigen abhängige - das Thema aufgreifen, sei häufig auf deren wirtschaftliche Interessen zurückzuführen. "Medienpädagogik sollte an den Schulen derartige Interessen durchleuchten und damit aufklären." Außerdem wünsche er sich, dass MedienmacherInnen in ihrer Ausbildung mehr sensibilisiert würden für die Existenz derartiger Einflüsse. (pte/red)