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Vater-Kind-Idylle wünscht sich Justizministerin Bandion-Ortner - und will mit einer Reform des Sorgerechts nachhelfen.

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Wien - Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zeigt ein Herz für Väter: Seit längerem will sie erreichen, dass in Österreich nach Scheidungen im Sinne einer "gemeinsamen Obsorge" grundsätzlich beide Eltern für die Kinder zuständig bleiben - bislang fällt diese Aufgabe der Mutter zu, sofern das getrennte Paar keine anderslautende Vereinbarung schließt. Neuerdings hat Bandion-Ortner (ÖVP) ihre Pläne aber ausgebaut. Sie erwägt, das Sorgerecht auch für uneheliche Väter auszuweiten.

Einen Anstoß gab ein Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes. Auf Basis eines Erkenntnisses des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) verfügten die HöchstrichterInnen in Karlsruhe eine deutliche Stärkung der Rechte lediger Väter. Anders als bisher müssten diese die Möglichkeit bekommen, auch gegen den Willen der Mutter ein Sorgerecht zu erhalten. Deutschland sei verurteilt worden, weil unverheiratete Väter ungleich behandelt wurden, schloss Bandion-Ortner daraus - und sieht auch hierzulande "Handlungsbedarf".

Einen möglichen Präzedenzfall gibt es bereits: Ein lediger Vater hatte vor Gericht die Übertragung der Obsorge von der Mutter beantragt, war gescheitert und beschwerte sich vor nunmehr sieben Jahren beim EGMR. Bietet die mit Spannung erwartete Entscheidung der Justizministerin einen juristischen Hebel für ihr politisches Ziel, weil auch in Österreich die Rechtslage gegen die Verfassung verstößt?

Eindeutige Entscheidung

Ein bislang unbeachtetes Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) kommt zu einem gegenteiligen Schluss: "Auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR" bestünden gegen die Verfassungsgemäßheit der Sorgerechtsregelung für ledige Eltern "keine Bedenken". Eine klare Entscheidung, meint der Linzer Rechtsprofessor Meinhard Lukas: Schließlich habe der OGH die an ihn herangetragene Causa nicht einmal - wie bei verfassungsrechtlichen Bedenken üblich - an den Verfassungsgerichtshof weitergeleitet.

Der rechtliche Unterschied zwischen Deutschland und Österreich laut Lukas: Hierzulande haben heimische Väter zumindest die Möglichkeit, eine Aberkennung des Sorgerechts der Mutter zu beantragen, wenn diese nicht geeignet erscheint. Auf diesem - freilich steinigen - Umweg können sie selbst an das Sorgerecht gelangen. Grundsätzlich fällt die Obsorge aber erst einmal der Mutter zu.

Auf ein automatisches gemeinsames Sorgerecht, wie ihr das für Scheidungspaare vorschwebt, will sich Bandion-Ortner bei unehelichen Eltern nicht versteifen, sehr wohl aber "die Verantwortung der Väter" stärken. "Eine Lösung liegt noch nicht auf dem Tisch", heißt es aus ihrem Büro.

Dem Koalitionspartner wäre recht, wenn dies so bliebe. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will an der aktuellen Rechtslage nicht rütteln - auch nicht für unverheiratete Eltern. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 13.8.2010)