Wien - Ein Affront sei das, ein großer Fehler - und es schaffe außerdem ein Ungleichgewicht, empört sich Christa Pölzlbauer. Die Frau mit den kurzen, hennafarbenen Haaren ist die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, und was sie so in Rage bringt, ist Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP).

Diese hat rund dreißig Personen zu einem runden Tisch geladen, Vertreterinnen des Frauenrings ausgenommen. Das Thema: gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung oder Trennung. Die Arbeitsgruppe, bestehend aus RichterInnen, StaatsanwältInnen, MinisteriumsvertreterInnen und Mitgliedern unterschiedlicher Institutionen, soll Lösungen dafür finden, wie nach einer Trennung am besten mit der Obsorge und dem Besuchsrecht verfahren wird.

Besuch: Vier Tage pro Monat

Bandion-Ortner und SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hatten im Vorfeld eine Einigung über eine Reform des Scheidungsrechts signalisiert. So war die Justizministerin mit dem Plan Heinisch-Hoseks einverstanden, eine Mindestbesuchszeit von zwei mal zwei Tagen pro Monat einzuführen.

Bisher entscheidet, falls sich die Ex-PartnerInnen nicht einvernehmlich einigen, das Gericht, und dieses bevorzugt in der Regel die Mütter. Das Besuchsrecht wird meist nachträglich fixiert. Das kann dauern und das Kind von einem Elternteil lange fernhalten.

Unterschiedlicher Meinung ist man hingegen bei der gemeinsamen Obsorge. Die Frauenministerin ist gegen die Idee von Bandion-Ortner, Scheidungsvätern automatisch mehr Rechte zukommen zu lassen. Sie sieht darin eine "Zwangsbeglückung". Bandion-Ortner hingegen zitiert Studien, wonach "die Fortführung der gemeinsamen Obsorge nach der Scheidung deeskalierend wirkt".

Die TeilnehmerInnen der Gesprächsrunde einigten sich nach drei Stunden auf einen ersten konkreten Punkt: Künftig sollen verpflichtende Schlichtungsgespräche durch Mediatoren Gerichtsverfahren vorangehen. Darin, dass Scheidungsfälle zunächst bei der Familienberatung landen, waren sich die Ressortchefinnen schon vorher einig. Nun werden die BeamtInnen des Ministeriums die Vorschläge auswerten, das nächste Gespräch ist in einem Monat.

Man werde dann auch das Gespräch mit dem Frauenring suchen, heißt es aus dem Justizministerium. Deren Befürchtung, man spreche ausschließlich mit Organisationen von Vätervertretern, sei nämlich falsch. (nik, DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2010)