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Bereits seit einigen Wochen schwelt eine Debatte um mutmaßliche Missstände im Geburtenbereich des AKH. Nun sind zehn der 35 Hebammen in Krankenstand.

Foto: APA/Roland Schlager

Wien - Der akute Hebammen-Engpass am Wiener Allgemeinen Krankenhaus ist laut ärztlichem Direktor des AKH Wien Reinhard Krepler seit Mittwoch behoben. Gemeinsam mit dem Leiter der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin Peter Husslein und dem Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes Wilhelm Marhold sei es gelungen, dem unterbesetzten Hebammenteam einen Pool von vertraglich verbundenen externen Geburtshelferinnen zur Seite zu stellen, ließ Krepler die Medien wissen.

"Damit ist ein reibungsloser Arbeitsablauf in unserem Kreißsaal und der Präpartalen Station wieder gewährleistet. Der eingeschränkte Kreißsaalbetrieb konnte deshalb wieder in vollem Umfang aufgenommen werden", bestätigte Husslein.

Sondergesundheitsausschuss beantragt

Die Wiener Grünen und die ÖVP haben indes einen Sondergesundheitsaussschuss zur Situation am AKH beantragt. Er soll in den nächsten zwei Wochen einberufen werden. SP-Gesundheitsstadträtin Wehsely müsse schließlich ihrer Verantwortung nachkommen, meinte die Gesundheitssprecherin der Grünen Wien Sigrid Pilz. "Wir haben die Ladung aller Beteiligten und Verantwortlichen beantragt und gehen davon aus, dass die SPÖ diese Forderung unterstützt." Denn: "Die unerträglichen Arbeitsverhältnisse der Hebammen im AKH drohen mittlerweile zum Konflikt zwischen Ärzteschaft und Hebammen zu werden", warnte Pilz. Außerdem haben die Grünen den Patientenanwalt Brustbauer aufgefordert, "endlich für die betroffenen Patientinnen tätig zu werden." 

Keine "Protestkrankenstände"

Am Dienstag war der Konflikt um die Arbeitssituation der Hebammen am Wiener Allgemeinen Krankenhaus hochgekocht: Ein Drittel der an der Geburtshilfe tätigen Hebammen hatte sich krankgemeldet und war gesundheitsbedingt nicht am Arbeitsplatz erschienen. Husslein sprach von einem "Ausnahmezustand", der durch "offensichtliche Protestkrankenstände" herbeigeführt worden wäre.

Der Anwalt der Hebammen wies den Vorwurf am Dienstag prompt zurück: Seine Mandantinnen, die seit kurzem krankgemeldet sind, seien "wirklich krank". Marcus Essl versicherte, dass es sich dabei nicht - wie Husslein vermutet hatte - um "offensichtliche Protestkrankenstände" handle. Laut ihrem Anwalt haben einige der betroffenen Frauen früher bereits Schmerzmittel einnehmen müssen, um überhaupt in die Arbeit gehen zu können. Zu groß sei der Druck gewesen, so Essl.

"Vielleicht denken sich einige, wieso soll ich mir meine Gesundheit weiter ruinieren, wenn der Arbeitgeber meine Anliegen nicht ernst nimmt", erklärte der Anwalt. Aus Protest bleibe aber niemand daheim, darum wolle er das Zitat "Protestkrankenstände" so nicht stehen lassen. Als Kritik an Husslein sei das aber nicht zu verstehen, fügte Essl hinzu. Dieser habe die Hebammen stets unterstützt.

Die Schaffung des Dienstpostens der Oberhebamme, wie von AKH-Chef Reinhard Krepler angekündigt, hält der Anwalt nicht für ausreichend. Damit werde nur eine administrative Ebene dazwischengeschaltet: "Die wird nicht im Kreißsaal arbeiten."

Mehr Personal in Aussicht gestellt

Neben dem Dienstposten der Oberhebamme hat Krepler eine Personalevaluierung angekündigt - und dass es bei Bedarf weitere Posten geben könnte. Auch eine Anpassung der Geräteausstattung stellte er in Aussicht.

Kritik an SP: "Pulverfass"

Die Rathaus-Opposition übte angesichts der Hebammen-Debatte massive Kritik an der SP-Stadtregierung. "Es kommt, wie es kommen musste", empörte sich die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Ingrid Korosec, in einer Aussendung. Es sei seit Jahren bekanntgewesen, auf welchem "Pulverfass" man sitze. Es sei aber nichts geschehen.

Grüne Pilz fordert Krisengipfel mit Vorsitz von Wehsely

"Die Lage an der Geburtshilfe im Wiener AKH ist eine Schande", stellte auch die Gesundheitssprecherin der Grünen Wien Sigrid Pilz fest. Die Hebammen seien seit Jahren chronisch überarbeitet, krass unterbezahlt und würden von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely "nicht entsprechend wertgeschätzt". Gegenüber dieStandard.at hielt sie fest, dass sie nicht "in Frage stellt, dass die Hebammen tatsächlich krank sind." Und fügte hinzu: "Was bei der ständigen physischen und psychischen Überlastung kein Wunder wäre."

SP: Arbeit an Entlastung in Gange

Die regierende SPÖ brachte für derartige Wortmeldungen kein Verständnis auf: "Die Grünen und die Volkspartei operieren im Wahlkampf mit den Ängsten von schwangeren Frauen und Müttern", kritisierte SPÖ-Gemeinderat Kurt Wagner. Es werde versucht, das Geburtshilfe-Teams zu entzweien, die sehr gut zusammenarbeiten.

"Die Hebammen leisten sehr gute Arbeit im AKH Wien und die Führung ist in einem beständigen Dialog, um weitere Verbesserungen umzusetzen", versicherte Wagner. Auch für Zeiten von Krankenständen sei die Versorgung der Mütter im AKH gewährleistet: "Das Geburtshilfe-Team wird ergänzt, damit ist die bewährte hohe Qualität der Geburtshilfeleistungen im AKH aufrecht."

Chronische Überlastung

Bereits seit einigen Wochen schwelt eine Debatte um mutmaßliche Missstände im Geburtenbereich des AKH. Die Rede war zuletzt von Unterbesetzung und Überbelastung der Hebammen. Die Grünen haben aus diesem Anlass auch das Kontrollamt eingeschaltet. (APA/red)