Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen bleibt in Österreich im EU-Vergleich besonders groß. Im Jahr 2008, den letzten verfügbaren Zahlen der Statistik Austria, betrug die Kluft 26,9 Prozent, das Land lag damit erneut an vorletzter Stelle in der EU, knapp vor Estland.

Gegenüber Männern arbeiten Österreichs Frauen statistisch betrachtet ab dem 29. September, dem sogenannten Equal Pay Day, gratis. ÖGB-Frauenchefin Brigitte Ruprecht fordert als Gegenmaßnahme einen Mindestlohn von 1300 Euro brutto im Monat.

Um für mehr Gehälter-Transparenz zu werben, präsentierte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Dienstag einen für den öffentlichen Dienst gültigen Vergleich. Demnach liegt die durchschnittliche Entlohnung von Frauen im Staatssold 16 Prozent unter jener der Männer.

Fritz Neugebauer (ÖVP), Chef der Beamtengewerkschaft, findet den Bericht "irreführend" , Frauen würden im öffentlichen Dienst völlig gleich behandelt wie Männer, sagte er am Dienstag.

********

Wien - Wenn Frau am Mittwoch einen Blick in ihr imaginäres Geldbörserl wirft, könnte sie sich für einen längeren Urlaub entscheiden. Denn ab 29. September, dem "Equal Pay Day", arbeiten Österreichs Frauen - statistisch betrachtet - bis Jahresende unbezahlt, wenn man ihre Gehälter denen der männlichen Kollegen gegenüberstellt.

Im EU-Vergleich bildet Österreich bei der Einkommensschere beinah das Schlusslicht: Nur Estland hat noch größere Differenzen bei den Gehältern. 2007 rangierte Österreich noch auf dem viertletzten Platz und fiel bereits im Vorjahr auf den vorletzten zurück.

Laut Lohnsteuerstatistik beträgt der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern - bei ganzjähriger Vollzeitbeschäftigung - 26,9 Prozent, Teilzeitbeschäftigung wurde herausgerechnet. Der ab 2011 verpflichtende Einkommensbericht, den Unternehmen mit mehr als 1000 Angestellten vorlegen müssen, soll Abhilfe und Transparenz schaffen (siehe Wissen).

"Oft passiert Diskriminierung in den Unternehmen unbewusst", meint Ruprecht und hofft, dass mit dem Gehältervergleich eine Bewusstseinsänderung bei den Verantwortlichen einhergeht: "Dieses Instrument ist das Wichtigste, was wir derzeit haben."

Die Schutzpatronin des Einkommensberichtes, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), machte am Dienstag den ersten Schritt und legte die Gehälter ihrer BeamtInnen vor. Im öffentlichen Dienst liegt der Einkommensunterschied bei knapp 16 Prozent, was auch auf das Alter, die Mehrzahl der Überstunden von Männern und weniger Frauen in Führungspositionen zurückzuführen sei. Obwohl der Wert im Vergleich zur Privatwirtschaft besser liege, sei sie nicht zufrieden: "Dieser Bericht ist ein klarer Handlungsauftrag", erklärte die Ministerin.

Bis zu einem "Equal Pay Day" zu Silvester müsse noch an vielen Schrauben gedreht werden, meint die ÖGB-Frauenvorsitzende Brigitte Ruprecht: "Zum Beispiel an der Kinderbetreuung." Auch an der Forderung nach einem Mindestlohn von 1300 Euro wolle sie weiterhin festhalten. Bei dieser Idee unterstützen sie die Grünen, die das derzeitige Modell der Einkommenstransparenz ohne Sanktionen für die Unternehmen als "zahnlos" bezeichneten.

Besonders früh könnten sich übrigens die Vorarlbergerinnen zurücklehnen: Dort ist nämlich schon am 2. September Schluss mit gleichwertiger Bezahlung. (Julia Herrnböck/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.9.2010)