Bild nicht mehr verfügbar.

Tatort die eigenen vier Wände: Eine neue Studie hat sexualisierte Gewalthandlungen gegen Frauen durch ihre Partner untersucht. Fazit: Die Betroffenen machen bei ungewollten Handlungen mit, "um Ruhe zu haben" - unter anderem vor Beschimpfungen, schlechter Laune und Gewalt.

Foto: APA/AP/Usta

Wien - Sexualisierte Gewalt in Partnerschaften ist ein tabuisiertes Thema, über das kaum geredet wird. Vor allem in Beziehungen, wo seit längerem körperliche Übergriffe auf Frauen stattfinden, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es auch zu sexualisierter Gewalt komme, weiß Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser. Wie viele Betroffene es in Österreich gibt, wisse man nicht: "Die Dunkelziffer ist sehr hoch", erklärte sie bei der Präsentation der Studie "Sexualisierte Gewalt in Paarbeziehungen" im Donnerstag in Wien.

Hohe Hemmschwelle, Anzeige zu erstatten

Viele betroffene Frauen würden sich aus Scham oder Angst nicht trauen, Hilfseinrichtungen aufzusuchen, betonte Martina Ludwig-Faymann, die Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser. Vielmehr würden sie ihre Situation über einen längeren Zeitraum erdulden. Ebenso sei die Hemmschwelle der Opfer, Anzeige zu erstatten, sehr hoch. Bei Strafverfahren wegen sexualisierter Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen sei die Beweisbarkeit nämlich sehr schwierig, deswegen würde es zu vielen Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen kommen.

Taten werden erduldet

Die Opfer sprechen nicht gerne über das Thema: Es sei für die Frauen schwer zu erkennen, ab wann die Grenze zur Gewalt überschritten sei. Bei ihnen bestehe das Gefühl der "Involviertheit", unterstrich Studienautorin Elfriede Fröschl. Solange die Beziehung zum Mann einigermaßen erträglich sei und andere Formen der Gewalt nicht existierten, würden auch nicht gewollte sexuelle Handlungen hingenommen werden, gaben die Betroffenen zu Protokoll. Sie hätten mitgemacht, "um Ruhe zu haben" - unter anderem vor Beschimpfungen, schlechter Laune und Gewalt.

Kontrollbestrebungen des Partners

Am Anfang stehe meist eine Beziehung, die trotz Bedenken der Frau verfestigt werde - sei es durch Zusammenziehen, Heiraten oder Kinderkriegen, betonte Fröschl. Die Frauen würden keine "bewusste Partnerwahl" vornehmen, sie ließen die Beziehung einfach geschehen.

Die betroffenen Partnerschaften seien von den Kontrollbestrebungen des Mannes geprägt: "Die Kontrolle wird entweder erreicht durch häufig wechselnde Ansprüche, denen die Frauen versuchen gerecht zu werden, oder durch heftige Abwertungen und gezielte Vereinnahmung", verdeutlichte sie. Zum Beispiel müssten Frauen bestimmte sexuelle Praktiken beherrschen und ausüben, oder die Ansprüche des Mannes seien so gesetzt, dass die Frau ihnen einfach nicht gerecht werden könne. Zu ersten konkreten sexualisierten Gewalthandlungen komme es oft nach der Geburt des ersten Kindes - weil die Frau dann besonders abhängig vom Mann sei, weiß die Studienautorin.

Zu sexuellen Handlungen gezwungen

Alle betroffenen Frauen gaben in der Studie an, dass sie von ihrem Partner zum vaginalen Geschlechtsverkehr gezwungen wurden. Sie berichteten außerdem, dass sie öfter mit Gewalt zu oralem sowie analem Geschlechtsverkehr gedrängt wurden. Sie mussten gegen ihren Willen Berührungen am Körper des Partners vornehmen oder wurden berührt. Etliche Frauen gaben auch an, dass sie pornografische Bilder oder Filme anschauen mussten. Ein erschütterndes Detail: Auch Kinder sind von sexualisierter Gewalt betroffen, wenn auch nicht unmittelbar. Sie sind ZeugInnen. Mütter würden zum Beispiel ins Kinderzimmer flüchten, weil sie sich dort geschützt glauben.

Interviews mit Betroffenen

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit den Wiener Frauenhäusern durchgeführt. Ziel war, die Dynamik und die Formen sexualisierter Gewalt zu erfassen. Dazu wurden 16 Betroffene interviewt und 63 Frauenhausbewohnerinnen befragt. Dabei gaben 39 an, dass sie von sexualisierter Gewalt bereits betroffen gewesen seien. (APA)