Eine gute Dokumentation von medizinischer Seite kann - auch bei sexueller Gewalt - Opfern von familiärer Gewalt vielfach weiterhelfen.

Foto: Flyer Eine von Fünf

Jede fünfte Frau ist laut Schätzungen in Österreich von Gewalt durch einen nahen männlichen Verwandten, Freund oder Bekannten betroffen. "Eine von fünf" ist auch der Titel einer interdisziplinären Ringvorlesung, die heuer im Wintersemester 2010/11, erstmals an der Medizinischen Universität Wien angeboten wird. Diese findet damit bereits zum siebenten Mal statt und wurde zuvor fünf Mal am Institut für Politikwissenschaften und 2009 am Juridicum der Universität Wien abgehalten. Die Lehrveranstaltung wird vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser heuer in Kooperation mit Ao.Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Berzlanovich durchgeführt.

MedizinerInnen haben Schlüsselrolle

Die Vorlesungsreihe beginnt am Donnerstag um 17.45 Uhr mit einer Einführung in die Thematik. Danach folgen wöchentlich Schwerpunktreferate, für die namhafte WissenschafterInnen und ExpertInnen aus der Praxis gewonnen werden konnten. Durch die Verschränkung von Theorie und Praxis versucht die Lehrveranstaltung die verschiedenen Möglichkeiten der Intervention bei Beziehungsgewalt aufzuzeigen. Die Vorlesung soll für die Studierenden aber auch eine Anregung darstellen, sich sowohl wissenschaftlich als auch in ihren zukünftigen Berufen mit dem Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt an Frauen und den Auswirkungen auf die Gesundheit auseinanderzusetzen.

Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, AÖF streicht die Bedeutung der Sensibilisierung insbesondere von MedizinerInnen und des Personals im Gesundheitswesens für das Thema Gewalt hervor: "Ärztinnen und Ärzten kommt hier eine besonders bedeutende Rolle zu, weil Gewaltopfer bei der Versorgung im Spital oder in der Ordination sich oft erstmals über ihre Misshandlungserfahrungen zu sprechen getrauen".

Gerichtsmedizinerin Berzlanovich betont die Notwendigkeit der Dokumentation bei Verletzungen von Gewalt: "Da häufig MitarbeiterInnen im Gesundheitsberufen die ersten Ansprechpersonen für die Opfer sind, ist das Erkennen von häuslicher Gewalt mit anschließender Diagnose und umfassenden Dokumentation nicht nur ausschlaggebend für die konkrete Unterstützung in der Notsituation, sondern auch für die Aufklärung der Gewalttat". Eine gute Dokumentation - auch bei sexueller Gewalt - ist wichtiges Beweismittel bei Gerichtprozessen und kann Opfern von familiärer Gewalt vielfach weiterhelfen.

Ausstellung "Hinter der Fassade"

Begleitet wird die Ringvorlesung von der Ausstellung "Hinter der Fassade", die diesen tabuisierten Bereich anschaulich hör- und greifbar macht. Sie ist im Gabriel Ferrara-Saal des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien, Taborstraße 16, 1020 Wien, vom 25. November bis 10. Dezember, öffentlich zugängig und wird auch Schulklassen - mit entsprechender psychologischer Betreuung - gezeigt. (red)