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Mit dem Selbstverständnis von ArbeitgeberInnen und Arbeitnehmerinnen in den Arrangements privater Haushalte hat sich die Soziologin Lena Rheindorf befasst.

Foto: APA/Ralf Hirschberger

Wäsche waschen, Bügeln, Saugen, Wischen, Geschirr spülen, Fenster putzen: Hausarbeit gilt als eine der ältesten Beschäftigungen. In technischer Hinsicht veränderte sich die Tätigkeit und wurde dadurch auch erleichtert, traditionsgemäß wurde und wird diese Arbeit aber an Dritte übertragen. Inzwischen ist das Anheuern einer privaten Reinigungskraft kein Oberschichten-Phänomen mehr. Immer mehr Menschen leisten sich die Hilfe für das alltäglich Lästige.

Die Soziologin Lena Rheindorf hat sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit dem Selbstverständnis von ArbeitgeberInnen und Arbeitnehmerinnen im Bereich der privaten, sachbezogenen Dienstleistung beschäftigt. Allerdings präferiert Rheindorf den "politisch unkorrekten Begriff 'Putzfrau' zu verwenden, weil er das ausdrückt, was es ist: Frauen die zum Putzen kommen", erklärt sie gegenüber dieStandard.at. Aus ihrer Sicht wurde diese traditionelle Form der Beschäftigung lediglich in neoliberale Verhältnisse eingebettet. Dass Privatpersonen als ArbeitgeberInnen kein Interesse daran haben, Reinigungskräfte in privaten Haushalten sozial- und arbeitsrechtlich zu schützen, stellt für sie eine "stimmige Ergänzung der Ausbeutung bestimmter Personengruppen" dar. "Es ist ein symptomatisches Feld für die systematische Minderbewertung und Minderbezahlung von Frauen", stellt Rheindorf fest. "So wie minderwertige Tätigkeiten global ausgelagert und schlecht bezahlt werden, werden in diesem Bereich Arbeitskräfte aus den Nachbarländern rekrutiert, weil man die Wohnung ja nicht auslagern kann", erörtert sie.

"Keine ernstzunehmenden Zahlen"

Aktuelle und valide Zahlen über die Anzahl der illegal beschäftigten Reinigungskräfte in Privathaushalten gibt es nicht. Dennoch können einige Kriterien dieser Gruppe festgemacht werden: Sie besteht nicht selten aus Frauen unterprivilegierter sozialer Schichten. Oft sind es Migrantinnen, deren Zeugnisse hierzulande nicht anerkannt werden. In Wien boomt etwa der Markt mit sogenannten "Touristinnen", die aus den neuen EU-Ländern oder Drittstaaten zum Putzen kommen.

Ob die illegal beschäftigten Arbeiterinnen in privaten Haushalten nun Österreicherinnen sind oder nicht, gemein ist ihnen, dass sie keine arbeits- und sozialrechtlichen Absicherungen haben und somit systematisch in mehrfacher Hinsicht ausgeblendet werden, weiß die Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der Arbeiterkammer Wien, Ingrid Moritz, zu berichten. Aus diesem Grund gibt es auch "keine ernstzunehmenden Zahlen für diesen Bereich. Weder ArbeitgeberInnen noch illegal beschäftigte Reinigungskräfte, womöglich mit Migrationshintergrund, haben ein Interesse daran" in Zahlen gefasst zu werden, so Moritz.

Im Jahr 2009 wurde von der Kepler-Universität-Linz eine Studie zur Schattenwirtschaft veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass im Bereich der Reinigung 90 Prozent "schwarz" abgehandelt wird - hier sind GärtnerInnen mit eingeschlossen. In welchem Ausmaß illegal in Privaträumen gereinigt wird, lässt sich aus dieser Studie aber nicht schließen - ebenso wenig das Ausmaß der Arbeitszeit, sowie die Herkunft der ArbeitnehmerInnen.

Beidseitige Emanzipation

Lena Rheindorf befragte für ihre Studie ausschließlich migrantische Reinigungskräfte die zwischen ihrem Herkunftsland und Wien pendeln. Sie nennt sie "Touristinnen". In ihrer qualitativ angelegten Arbeit fand sie heraus, dass es durch die illegale Beschäftigung von Reinigungskräften für ArbeitgeberInnen kaum zu Problemen kommt. Als schwierig erweist sich für die ArbeitgeberInnen, "den privaten Raum für Fremde zu öffnen, wobei sich diese Vertrauensbeziehung relativ rasch positiv entwickeln kann". Ein weiteres Problem stellt die Sprachbarriere dar. ArbeitgeberInnen sind zudem sehr darauf bedacht, nicht anwesend zu sein, wenn die von ihnen zugeteilte Arbeit verrichtet wird. Die Soziologin bezeichnet das als einen Mangel an Konsumkompetenz.

Für beide jedoch stellt sich in diesem Arbeitsverhältnis ein gewisser Grad an Emanzipation dar, wenn auch ein sehr unterschiedlicher. Für die "touristischen Putzfrauen" liegt das emanzipatorische Moment darin, ihr Herkunftsland zu verlassen und sich in der "Fremde" zu bewähren. Die ArbeitgeberInnen hingegen lösen sich von der "lästigen Haushaltsarbeit".

Reproduktion der Geschlechterordnung

Auch die Arbeitnehmerinnen haben in den Interviews angesprochen, dass sie es bevorzugen, die Arbeit ohne die Anwesenheit ihrer ArbeitgeberInnen zu erledigen. Auch ist "nicht jede/r ArbeitgeberIn für jede Putzfrau gleich legitim. Es ist für eine Putzfrau in Ordnung, dass sie engagiert wird, wenn die ArbeitgeberInnen aus Zeitmangel keine andere Wahl haben, allerdings nicht, wenn es der pure Luxus ist und die ArbeitgeberInnen in ihren Wohnungen oder Häusern herum sitzen und beim Putzen zuschauen". Für die Soziologin ist das ein Indiz dafür, dass beide die Geschlechterordnung reproduzieren. Auf der einen Seite holen ArbeitgeberInnen Frauen in die private Versorgung um ihre eigene Beanspruchung zu verringern, auf der anderen Seite "beurteilen die Putzfrauen die Entlastung der ArbeitgeberInnen negativ. Das ist sehr ambivalent, da die Putzfrauen selbst überlastet sind und sich eigentlich von der privaten Versorgungsarbeit befreien möchten, sich aber gleichzeitig über diejenigen negativ äußern, die das machen".

In diesem Arbeitsverhältnis treffen Menschen aufeinander, die - wäre da nicht der Privathaushalt zu bewirtschaften - wahrscheinlich wenig miteinander zu tun hätten. "Die Beziehungen sind daher oft sozial distanziert, auch wenn sie in einem sehr intimen Bereich zusammengesteckt sind. Daraus ergeben sich Spannungsverhältnisse, nicht nur aufgrund von Sprachbarrieren, sondern es bestehen oftmals tiefe soziale Kluften zwischen Arbeitnehmerinnen und ArbeitgeberInnen", schildert Rheindorf. Die Frauenbewegung dürfte sich Solidarität unter den Frauen anders vorgestellt haben, gibt sie zu bedenken.

Informell und illegal in vielerlei Hinsicht

Als Probleme schildern die illegal beschäftigten Reinigungskräfte, die sowohl bei Frauen als auch bei Männern putzen, dass die Tätigkeit als unzuverlässige Einnahmequelle gilt. Zum einen vergessen die ArbeitgeberInnen oft, das Geld in den Wohnungen zu hinterlegen, zum anderen werden die Arbeitszeiten von Woche zu Woche arrangiert. Abgesehen von den arbeits- und sozialrechtlichen Gefahren, schildern die Arbeiterinnen, dass es oft keine klar ausformulierten Standards bezüglich Sauberkeit gibt, was wiederum häufig zu Konflikten mit den ArbeitgeberInnen führt, bis hin zur Kündigung. Eine Kündigung kann in diesem mehrfach informellen Bereich weitreichende Konsequenzen für die Arbeiterinnen nach sich ziehen.

Die von Rheindorf befragten Reinigungskräfte haben ihren KundInnen-Stock entweder von Bekannten oder einer Angehörigen in ihrem Herkunftsland "vererbt", oft aber erhalten sie neue KundInnen durch ihre ArbeitgeberInnen, die per Mundpropaganda bei ArbeitskollegInnen oder innerhalb der Familie die Werbetrommel für "ihre Perlen" schlagen. "Ich habe da eine Perle für dich, die ich dir weiter vermitteln kann", schilderte etwa eine Arbeitgeberin. Die Soziologin erklärt, dass durch die Zufriedenheit mit den Putzfrauen auch der soziale Status der ArbeitgeberInnen innerhalb ihrer Vermittlungs-Kreise steigt. Diese Konstellationen führen jedoch für Putzfrauen oftmals zu Problemen. Wenn etwa Kündigungen ausgesprochen werden, kann das auch mit einschließen, "dass sich das bei den ArbeitgeberInnen herum spricht, und andere dann nicht davor zurückschrecken entweder auch zu kündigen oder von da an die Leistungen ihrer Arbeitskraft genauer zu beobachten", so Rheindorf.

"Staat bereit, auf Einnahmen zu verzichten"

Um die Schattenwirtschaft einzudämmen wurde im Jahr 2006 der Dienstlseitungsscheck - ein Prestigeprojekt des damaligen Wirtschaftsministers Martin Bartenstein - eingeführt. Dieser aber, so AK-Expertin Moritz, holt lediglich die ArbeitgeberInnen aus der Illegalität. Damit sind weder Arbeits- noch Sozialrechte für die ArbeitnehmerInnen verbunden. Zu dieser Zeit wurden auch Anstrengungen unternommen, in diesem Bereich Zahlen zu erheben. Zumindest konnte festgestellt werden, so Moritz, dass "damals 10.300 Frauen legal in privaten Haushalten beschäftigt waren. Zwei Drittel davon waren geringfügig beschäftigt". Sowohl Rheindorf als auch Moritz plädieren für formelle Einrichtungen, etwa ein Verein, über die private Dienstleistungen angeheuert werden können. Beide Expertinnen sprechen sich dafür aus, den Druck aus privaten Haushalten zu nehmen, indem etwa Kinderbetreuung flächendeckend gewährleistet wird.

"Der Staat ist in diesem Bereich der Schattenwirtschaft offensichtlich bereit, auf Einnahmen zu verzichten", formuliert die Soziologin. Für sie ist es "absolut notwendig, dass der Staat Verantwortung in der Organisation des Privaten übernimmt und dieser Bereich endlich von der geschlechterspezifischen Zuordnung entkoppelt wird." (Sandra Ernst-Kaiser, dieStandard.at 14.11.2010)