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Der Menschenrechtsgerichtshof sieht im rigorosen Abtreibungsverbot Irlands bei Gefährdung der Schwangeren einen Verstoß gegen Frauenrechte, geht aber nicht so weit, die Anträge weiterer Klägerinnen auf Abtreibung aus Gründen der Familienplanung anzuerkennen.

Foto: APA/Peter Morrison/AP/dapd

Dublin - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Abtreibungsverbot in Irland als Verstoß gegen Frauenrechte bezeichnet. Das Recht auf eine angemessene medizinische Behandlung für Frauen, deren Leben durch ihre Schwangerschaft bedroht sei, werde durch das verfassungsgemäße Abtreibungsverbot verletzt, befanden die RichterInnen am Donnerstag in Straßburg. Damit gaben sie einer von drei Frauen recht, die 2009 Klage gegen Irland eingereicht hatten.

Gezwungen zum Not-Abbruch außer Landes

Die in Irland lebende Litauerin hatte eine Krebserkrankung überwunden und befürchtet, dass ihre Schwangerschaft zu einem neuerlichen Ausbruch der Krankheit führen könne. Eine Rückfallgefahr sei von ihren ÄrztInnen bestätigt worden, jedoch habe keine/r von ihnen einer Abtreibung zugestimmt, erklärte die Klägerin. Sie hatte die Abtreibung schließlich in England vornehmen lassen. Nach Ansicht der RichterInnen hätte der Eingriff in Irland erfolgen sollen. Das Land muss der Klägerin somit Schadenersatz in Höhe von 15.000 Euro zahlen.

Besonders strenges Abtreibungsverbot

Die irische Vereinigung für Familienplanung begrüßte das Straßburger Urteil. Demnach könnte die Regierung nun gezwungen sein, ein Urteil des irischen Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1992 umzusetzen. Damals hatten die RichterInnen entschieden, dass Abtreibungen im eigenen Land erlaubt seien, sofern das Leben einer Frau durch eine Schwangerschaft in Gefahr ist. Das irische Parlament verabschiedete daraufhin ein Gesetz, das Frauen erlaubt, im Ausland Abtreibungen vornehmen zu lassen, lehnte es seitdem jedoch ab, in Irland Abtreibungen aus medizinischen Gründen zuzulassen.

Zwei weitere Beschwerden abgewiesen

Die Beschwerden von zwei anderen Frauen, denen Irland ebenfalls eine Abtreibung verweigert hatte, wies der Straßburger Gerichtshof hingegen ab. Sie hatten ihren Wunsch nach Abbruch der Schwangerschaft mit familiären Motiven begründet. Dazu stellten die Straßburger RichterInnen fest, Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der den Schutz des Familien- und Privatlebens garantiert, könne nicht als Recht auf Abtreibung definiert werden.

In dieser Frage gebe es unter den europäischen Ländern keinen Konsens, heißt es in dem Urteil. Dublin habe auf der Grundlage der "tiefen moralischen Werte des irischen Volkes" zwischen den Grundrechten auf Schutz des Privatlebens und dem Recht der ungeborenen Kinder auf Schutz ihres Lebens abgewogen. Auch diese beiden Klägerinnen hatten sich schließlich für eine Abtreibung in Großbritannien entschieden. (APA/Ag.)