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Edie Falco als Nurse Jackie.

Foto: AP Photo/Showtime, Ken Regan

Zwei Frauen sitzen in einem Restaurant. Die eine Krankenschwester, die andere Ärztin. Eigentlich die idealen Tischnachbarinnen für einen Erstickungsanfall, doch die ältere Dame vom Nebentisch muss sich schon gedulden bis sich eine der beiden augenrollend erbarmt und mit fachgerechterem Griff dem Röcheln ein Ende setzt.

"Nurse Jackie" (Edie Falco) heißt die unprätentiöse Lebensretterin, die mit ihrer Freundin, der Ärztin Elenor O´Hara, beim Lunch ihre Arbeit in einer Notaufnahme in New York bejammert. Ohne das Geld und "das", O´Hara zeigt auf das schicke Restaurant, würde sie diese Arbeit nicht durchstehen und auch Jackies Einsatz als Krankenschwester speist sich nicht aus Altruismus und Arbeitsethos. Versorgt mit Muntermacher in Tablettenform vom Spitalsapotheker, der sich während einer anstrengenden Schicht auch um Jackies Libido kümmert, rennt die Krankenschwester durch ihre Doppel-Schichten. Kümmern muss sie sich in diesen neben PatientInnen auch um präpotente Ärzte, die ihre PatientInnen nicht mal 15 Sekunden begutachten oder um mittellose Hinterbliebene, die beim Stichwort Organspende gleich die Niere oder Leber des eben verstorbenen Liebsten verscherbeln wollen.

Nur Lücken im System

Auch in anderen Krankenhausserien lässt man gerne Alibi-Sozialkritik durchblitzen, mal wird im Seattle Grace Hospital eine Station für Nicht-Versichtere eröffnet ("Grey´s Anatomie") oder Diagnosen und Behandlung werden kostenlos gemacht, weil der Fall so verführerisch komplex ist ("Dr. House"). Doch im Großen und Ganzen wird das alles als vereinzelte Lücken im funktionierenden System dargestellt. Was in all diesen Serien durchgängig funktioniert ist die Menschlichkeit, die Ärztinnen/Arzt-Kompetenz, die Stressresistenz und das alles geht sich noch mit schön rosigem Teint aus. Aber während bisher meist der/die Einzelne zum/zur Medizin-Held/Heldin wurde und mit grandiosem Einsatz Leben gerettet wurden, rackern sich in "Nurse Jackie" missmutige und unkonzentrierte MedizinerInnen innerhalb von Strukturen ab, die auf Selbstausbeutung setzen.

Heldin oder die übliche Aufopferung

Für die tapsige Lernschwester Zoey steht jedenfalls fest: Auch Schwester Jackie ist eine "Heldin". Sie weiß natürlich nicht, dass Jackie nur unter Droge funktioniert, ihren Mann betrügt, Körperteile von verhassten Patienten schon mal im Klo runterspült und lügt, dass sich die Balken biegen (Schwester Jackie zu einem Patienten: "Ich habe gerne einen klaren Kopf"). Ob sie für uns auch eine Heldin sein wird oder einfach eine originellere Variante einer sich aufopfernden Frau, die allem gerecht werden will, ist allerdings noch nicht gesagt. Aber Jackie bei ihrem höllischen Arbeitsalltag über die Schulter zu schauen macht genug Spaß, um das in den kommenden Folgen noch rauszufinden. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 12.1.2011)