Bild nicht mehr verfügbar.

Betty Friedan bei ihrer Rede anlässlich einer Demonstration für Frauenrechte am 26. August 1971 im Central Park von New York.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Friedan im Kreis anderer Feministinnen am 15. Dezember 1998 bei einer Kundgebung gegen das Anmtenthebungsverfahren von Bill Clinton.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Beim Jahrestreffen des "Hebrew Rehabilitation Center for Aged" am 7. Mai 2000. Betty Friedan starb am 4. Februar 2006 in Washington.

Foto: AP

"Der Weiblichkeitswahn oder Die Mystifizierung der Frau", fünf Millionen Mal verkauft, veränderte das Leben von mittlerweile drei Frauengenerationen.

Foto: DellVerlag

"Es hat mein Leben verändert!" Beinahe fünfzig Jahre nach dem Erscheinen des "Weiblichkeitswahns" ("The Feminine Mystique") ist dieser Satz auch heute noch von Frauen unterschiedlichen Alters zu hören, wenn die Sprache auf Betty Friedans Hauptwerk kommt. Als die amerikanische Autorin ihr Buch 1963, also Jahre vor der großen zweiten Welle der Frauenbewegung, publizierte, schlug es ein wie eine Bombe. Es spaltete die Frauen - in jene, die ihre Unzufriedenheit zwar gefühlt, jedoch gedacht hatten, das Problem sei privat, eines, das aus ihrer ganz persönlichen Unzulänglichkeit resultiere - und jene, die davon nichts wissen wollten. Ehemänner fürchteten, von ihren Frauen verlassen zu werden, die politische Rechte beschwor "Verhexung" und die "Human Events", eine Rechtsaußen-Zeitschrift, setzte das Werk sogar auf die Liste der "Zehn gefährlichsten Bücher des 19. und 20. Jahrhunderts".

Die Ursache des Skandals? Betty Friedan hatte nichts anderes gemacht als amerikanische Hausfrauen in Kleinstädten und Vororten zu befragen, ob sie mit ihrem Leben zufrieden seien. Dass die Ergebnisse derart desaströs ausgefallen waren, damit hatte die Öffentlichkeit nicht gerechnet. Denn: nur "kranke" Frauen würden mit ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter unglücklich sein, so der allgemeine Tenor. Das Buch wurde über fünf Millionen Mal verkauft und machte Betty Friedan zu einer der Hauptfiguren der modernen Frauenbewegung.

Auch in ihren weiteren Veröffentlichungen befasste sich die studierte Psychologin und Journalistin mit den Problemen von Frauen in traditionellen Geschlechterrollen, zuletzt mit der geschlechtsspezifischen Tabuisierung des Alters ("Mythos Alter", engl. "The fountain of age"). Als Gründerin der "National Organization for Women" (NOW), der bis heute einflussreichsten Lobbygruppe für Frauenrechte, nahm Betty Friedan lange eine führende Rolle im amerikanischen Feminismus ein. Und sogar ihr Geburtsdatum liefert einen Zusammenhang zur frauenpolitischen Thematik: Ein Jahr nachdem Betty Friedan als Tochter einer Journalistin und eines Juweliers am 4. Februar 1921 in Peoria/Illinois geboren worden ist, erhielten amerikanische Frauen das Wahlrecht. 

Patriarchale Konfrontationen

Angeregt durch ihre Mutter, die Journalismuslaufbahn einzuschlagen, begann Betty, geborene Naomi Goldstein, bereits für die Schulzeitung zu schreiben. Gemeinsam mit einem Klassenkollegen gab sie ein Campus-Magazin heraus. Als er ihr mitteilte, dass er sie gerne zum "besten Freund" hätte, wenn sie auch männlich wäre, realisierte sie, dass die gesellschaftlichen Grundlagen auf einem ungleichen Geschlechterverhältnis basieren. Dieses negative Erlebnis dürfte dazu beigetragen haben, ihr erwachsenes Leben der Änderung determinierter Geschlechtsrollen zu widmen. 

Nach ihrem exzellenten Abschluss des Psychologiestudiums in Massachsetts und California, ging sie 1944 als Zeitungsreporterin nach New York. Ironischerweise kam ihr dabei der Zweite Weltkrieg zugute. Denn alleine aufgrund des herrschenden Männermangels erhielt sie die Stelle bei der "Worker's Press", die in Friedenszeiten für Frauen unerreichbar gewesen wäre. Als mit Kriegsende die männlichen Reporter an ihre Arbeitsplätze zurückkamen, die Frauen ohne Vorwarnung einfach gekündigt wurden und nicht einmal die Labour Party gegen dieses Unrecht aufbegehrte, wusste Betty Friedan, dass Diskriminierung systemimmanent ist. Ihre Politisierung verstärkte sich - in Folge immer mehr.

Als sie 1949 zum zweiten Mal - von ihrem Ehemann, dem Schauspieler Carl Friedan - schwanger war und um Karenz ansuchte, wurde sie fristlos entlassen. Damals gab es keine Form der arbeitsrechtlichen Absicherung im Falle von Mutterschaft, es war Usus, schwangeren Frauen das Dienstverhältnis zu kündigen. Und wieder lernte sie: Männer können Karriere und Familie verbinden, Frauen dagegen mussten sich entscheiden, entweder oder.

Idylle oder Lebenslügen

Bald darauf wurde Betty Friedan zu jener Vorortehausfrau, die sie in ihrem Buch "Der Weiblichkeitswahn" anschaulich kritisch unter die Lupe nahm. Dieses Buch war quasi lebensnotendig für sie, als eine Möglichkeit, ihre eigenen Ängste über den Mythos der "Idealfrau", die sich mit der ihr zuerkannten Rolle der Ehe-, Hausfrau und Mutter bescheiden sollte, zu kanalisieren. Nachdem sie zehn Jahre lang die - wie sie selbst sagte - "Lebenslüge" der Fulltime-Ehefrau und -Mutter gelebt hatte, fühlte sie sich unausgeglichen und leer. In Gesprächen mit anderen Frauen, die ebenfalls ihre Karrieren zugunsten der Familie aufgegeben hatten, erfuhr sie, dass sie mit ihrer Unzufriedenheit nicht alleine war. Auch diese Frauen fühlten sich unvollständig, manche sogar tief deprimiert. Sie erstellte Fragebögen und fasste die Resultate in Artikeln zusammen, die sie mehreren Frauenzeitschriften anbot. Vor allem die männlichen Herausgeber reagierten mit Unverständnis.

The Feminine Mystique 

Daraufhin entschloss sie sich, die Ergebnisse in einem Buch zu veröffentlichen. In jeder freien Minute arbeitete sie am "Weiblichkeitswahn" und fünf Jahre später war die Publikation fertig. Obwohl sie - aufgrund männlicher Vorbehalte - lange keinen Verlag fand, wurde das Buch ein Riesenerfolg: alleine in den ersten Jahren wurden drei Millionen Exemplare verkauft. Die Hauptthese des "Weiblichkeitswahns": Die Unausgefülltheit der Frauen basiert auf der gesellschaftlichen Ignoranz, dass Frauen - genauso wie Männer - ein grundlegendes Bedürfnis nach Erfüllung ihrer Potenziale als menschliche Wesen haben. Friedan erstellte einen "neuen Lebensplan", der es Frauen ermöglichen sollte, Beruf/Karriere und Familie zu vereinbaren.
Ohne es geplant zu haben, brachte der "Weiblichkeitswahn" eine Revolution ins Rollen. Sie wurde zu Vorträgen im ganzen Land eingeladen. Wesentlich dabei: Mit Kritik an der weiblichen Rolle gab sie sich nicht zufrieden. Resolutionen und Konzepte zur Umsetzung der Anliegen wie Jobsharing und Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen waren die Folge. 

NOW 

Auf ihren Touren durch Amerika wurde deutlich, wie notwendig eine nationale Organisation war, um die Interessen der Frauen durchzusetzen. Deshalb gründete sie 1966 gemeinsam mit anderen Frauen die "National Organization for Women" (NOW), deren Vorsitzende sie bis 1970 blieb. In dieser Funktion stritt Friedan gegen die Diskriminierung aufgrund Geschlecht oder Ethnie, für die Straffreiheit von Abtreibungen, eine stärkere Beteiligung von Frauen an der Regierung, gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, etc. 

Feminismus richtet sich nicht gegen Männer 

Ihre Ehe hat ihrem Erfolg nicht standgehalten. Nach dreijähriger Krise kam es 1969 zur Scheidung. Eine Erfahrung, die Betty in den Artikeln für das Magazin "McCall`s" einfließen ließ: Die Frauenbewegung sei keine Bedrohung für Ehe und Mutterschaft und von der Gleichberechtigung könnten auch Männer profitieren: "Some worry that we'll lose our femininity and our men if we get equality". Friedans Kolumnen erreichten acht Millionen LeserInnen und hatten großen Einfluss auf den gesellschaftlichen Mainstream.
Feminismus definierte sie als Frauenrecht, alle Privilegien und auch Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen: "This does not mean class warfare against men, nor does it mean the elimination of children".
1975 wurde sie zur "Humanistin des Jahres" ernannt. Von 1970 bis 1990 lehrte sie an verschiedenen Universitäten. Gleichzeitig publizierte sie mehrere Bücher.

Betty Friedan starb am 4. Februar 2006 im Alter von 85 Jahren in Washington.
(Dagmar Buchta/dieStandard.at, 02.02.2011)