Wien - Sigrid Pilz, Gesundheitssprecherin der Grünen Wien, kritisiert die in Österreich fehlende Obergrenze  für die Zahl der eingesetzten Embryonen bei künstlicher Befruchtung. "Das führt zu einer immer häufiger werdenden Zahl von Mehrlingsgeburten, Frühgeburten und den damit verbundenen Komplikationen." Künftig solle bei jeder Befruchtung nicht mehr als ein Embryo eingesetzt werden, wie es auch in Schweden gehandhabt wird. Die Chance auf ein Kind werde dadurch nicht signifikant geringer.

Im Jahr 2009 wurden in Österreich laut Pilz in 505 Fällen drei Embryonen und in Privatkliniken bei 38 Frauen vier Embryos eingesetzt. Laut einer Schweizer Studie sei das Sterberisiko der Mutter im Vergleich zur Geburt eines einzelnen Kindes bei Zwillingen zwei- bis dreimal so hoch. Zwillinge würden viermal häufiger zu früh und untergewichtig geboren, müssten 16 Mal so oft in die Intensivstation und litten fünf- bis zehnmal häufiger an einer Zerebrallähmung. In knapp einem Viertel der vom Register 2009 erfassten Geburten nach IVF (= In-Vitro-Fertilisation, künstliche Befruchtung, Anm.) kamen Zwillinge zur Welt, 0,6 Prozent waren Drillinge.

"Fragwürdige medizinischen Vorgangsweise"

"Neben den Eltern müssen die neonatologischen Abteilungen in den Spitälern mit den Folgen dieser fragwürdigen medizinischen Vorgangsweise zurechtkommen. Frühchen nach IVF liegen oft wochenlang in den Inkubatoren und stehen in Konkurrenz um die knappen Ressourcen, der übervollen Abteilungen", sagte die Gesundheitssprecherin.

Die Tageszeitung "Kurier" (Samstag-Ausgabe) hatte zuvor über einen Brief vier hochrangiger Ärzte berichtet, die einen akuten Betten- und Pflegemangel auf der Frühgeborenen-Station des Wiener AKH beklagten. In der nahen Frauenklinik würden vier Schwangere mit drohenden Mehrlingsfrühgeburten betreut, die im Bedarfsfall nicht auf die übervolle Frühchen-Station verlegt werden könnten. Die angeprangerte Notlage sei aber von Stadträtin Sonja Wehsely, KAV und AKH-Chef Reinhard Krepler mit Hilfe eines Bereitschaftsdienstes in anderen Spitälern und der Zusicherung von elf neuen Pflegekräften rasch entschärft worden, hieß es.

IVF-Institutionen wollen Quote erreichen

"Auf unserer Station behandeln wir fast nur mehr Probleme, die als Folge der Reproduktionsmedizin auftreten", sagte Martin Langer von der Uniklinik für Frauenheilkunde dem "Kurier". Seit Jahren versuche man, eine Obergrenze für den Embryonen-Transfer zu erwirken, eine Lösung werde aber von privaten IVF-Instituten hintertrieben. Sie seien daran interessiert, eine höhere Zahl an Embryonen einzusetzen, damit sie die vom IVF-Fonds (für die Bezahlung der Behandlung zuständig) vorgeschriebene Schwangerschaftsquote von 18 Prozent erreichen. In Deutschland liege die Obergrenze bei drei Embryonen. "Bei uns gibt es unter den Medizinern vereinzelt schwarze Schafe, die sogar fünf bis sechs transferieren", sagte Langer. (APA)