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Foto: REUTERS/Alessandro Garofalo

Rom - In der "Rubygate"-Affäre um bezahlten Sex mit einer Minderjährigen droht dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ein schneller Prozess. Die Mailänder Staatsanwaltschaft beantragte am Mittwoch ein Eilverfahren gegen den 74-jährigen Medientycoon, dem sie außerdem Amtsmissbrauch vorwirft. Stimmt der zuständige Richter der Eröffnung eines Schnellverfahrens zu, könnte der Prozess schon bald beginnen. Für den Vorwurf des Amtsmissbrauchs drohen Berlusconi bis zu zwölf Jahre Haft, Sex mit einer minderjährigen Prostituierten wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht. 

"Wenn nicht jetzt - wann dann?"

Das alles ist mehr als Anlass genug für Italiens Frauen, um gegen Berlusconi aufzumarschieren: Am Sonntag wollen sie in Massen durch Italiens Städte ziehen und gegen das von der Politik und den Medien vermittelte Bild der Frauen in ihrem Land demonstrieren. Frauen jeglicher Couleur und Herkunft machen mobil gegen ihre vermeintliche Bestimmung, nur hübsch aussehen zu dürfen und sich ansonsten um die Familie zu kümmern. Das Motto der Massenproteste: "Wenn nicht jetzt - wann dann?"

50.000 Unterstützerinnen

"Dies ist keine politische Mobilisierung, dies ist eine spontane Bewegung von sehr unterschiedlichen Frauen jeden Alters, Künstlerinnen und ganz normalen Menschen", sagt Elisa Davoglio. Die 35-jährige Dichterin betreut die Internetseite, auf der zu den Protesten aufgerufen wird. In rund 100 Städten wollen Mädchen und Frauen am Sonntag auf die Straße gehen, darunter in Rom und in Mailand. Flash-Mobs sind geplant, Lesungen und Demonstrationen.

Davoglios Manifest unterzeichneten innerhalb von einer Woche mehr als 50.000 Mädchen und Frauen. Es wendet sich gegen die "wiederholte unanständige Darstellung der Frauen in Zeitungen, im Fernsehen und in der Öffentlichkeit als nacktes Objekt des Sexgeschäfts". Die Mobilmachung entbehrt jeder Unterstützung seitens Gewerkschaften oder der Politik. Trotzdem sagten erstaunlich viele Politikerinnen auch der Rechten ihr Kommen zu. Unter den Befürworterinnen der Proteste sind außerdem Persönlichkeiten wie die Architektin Gae Aulenti und namhafte Schauspielerinnen wie Laura Morante und Lunetta Savino.

"Geringschätzung gegenüber Frauen"

"Wir sind mit Appellen von Frauen, die an den Protesten teilnehmen wollen, buchstäblich überschwemmt worden", erzählt die Filmemacherin Francesca Comencini, eine der Organisatorinnen der Demonstrationen. Dass Berlusconi mit seinen Eskapaden zum wachsenden Frust der Italienerinnen beitrug, ist unbestritten. "Mit seinen frauenverachtenden Äußerungen bringt uns Berlusconi schon seit langem Geringschätzung entgegen", sagt sie. Ihre Schwester Cristina fügt hinzu: "Jetzt haben wir aber die Grenze der Toleranz überschritten."

"Wir wenden uns gegen diese diffuse Kultur, wonach wir Abkürzungen im Leben nehmen können", sagt die Theaterschauspielerin Savino. "Eine Kultur, die besagt, dass es reicht, hübsch auszusehen, zu einer Party zu gehen und sich für eine Nacht zu verkaufen". So ganz unpolitisch sind die Forderungen der Frauen dann doch nicht: Sie monieren Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt und ein Mangel an Kinderbetreuung, fordern mehr Halbtagsjobs und Unterstützung für Familien. Von den Protesten erhoffen sie sich auch, dass sich die zersplitterten Frauenorganisationen in Zukunft besser vernetzen können.

Diversität

Davoglio, die den Blog betreut, will mit ihrem drei Monate alten Baby zu den Demonstrationen gehen. Und mit ihrem Lebensgefährten - denn alle Männer, die die Situation der Frauen in Italien verbessern wollen, sind ebenfalls herzlich eingeladen. Überhaupt schließen die Demonstrationen niemanden aus und wenden sich auch nicht gegen eine bestimmte Gruppe. "Dies ist keine Mobilisierung gegen Callgirls", sagt Elisa in Anspielung auf Ruby. Gruppen, die die Rechte von Prostituierten vertreten, nehmen ebenfalls teil. (Reuters/APA/Ag.)